Eine Frau in der Männerwelt

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Auch heutzutage haben manche Männer ihre Schwierigkeiten mit klugen Frauen (hier schreibt ein Mann, ich weiß worüber, manche Männer meinen, sie wären stark, wenn sie Frauen mies behandeln). Das war Mitte des letzten Jahrhunderts noch stärker ausgeprägt. Dazu gab es in den letzten Jahren mehrere Romane. Der Topseller war Bonnie Garmus' "Eine Frage der Chemie". Ich habe lange mit dem Kauf gewartet. Ende letzten Jahres gab es die Schmuckausgabe mit zwei Bonuskapiteln und Farbschnitt. Da war ich gern dabei. Es ist zu klar, dass Elke Heidenreich sich in Elizabeth Zott verliebt hat.
Hier begegnen wir Frau Dr. Rosalind Franklin (ich schreibe das bewußt so mit dem Doktorgrad, es ist kein Doktortitel!), die 1947 als Physikochemikerin nach Paris wechselt. Sie hat die Doppelhelix-Struktur unserer DNA entschlüsselt, geehrt mit dem Nobelpreis wurde nicht sie, sondern drei Männer.
Die Erzählung ist in der Ich-Form, Frau Dr. Franklin kommt klug, aber auch charmant und warmherzig rüber. Der Text ist mit vielen Details aus Chemie und Physik angereichert. Da muß eine sehr umfangreiche Recherche der Autorin sowohl in den Naturwissenschaften als auch dem Leben der tatsächlichen Dame hinter stehen. Sie lebt ganz für ihre Naturwissenschaften, für ihre Forschung. Mit größter Sorgfalt arbeitet sie sich an die Entdeckung der Doppelhelix-Struktur der DNA heran. Ihr fachlich offensichtlich unterlegene Männer versuchen sie zu dominieren, sie heißt primitivst "Rosy", das ganze ihr entgegengebrachte Verhalten ist billigstes Hahnenauftreten. Ihr widerfährt Sexismus in der übelsten Weise. Sie wird um ihre Ergebnisse bestohlen. Diese werden zumindest zum Teil unter falschen Namen veröffentlicht.
Die Sprache ist vorbildlich. Endlich einmal keines der vielen fragwürdigen Wörter, die in zu vielen Büchern Einzug gehalten haben. Vor allem keine Wörter mit Punkten oder Sternchen. Da heißt es aufatmen.
Es liest sich sehr interessant und fesselnd. Ich war bereits nach wenigen Zeilen bei Frau Dr. Franklin, sie hatte mich so schnell gewonnen. Klug und intelligent (das sind verschiedene Dinge), charmant und sympathisch. "Das verborgene Genie" zieht an allen vergleichbaren Büchern zum Thema auf der Standspur vorbei, selbst "Eine Frage der Chemie" bleibt da am Rand stehen.
"Das verborgene Genie" ist eine Lesereise der ganz besonderen Art, ein Leseflug, ein wahrer Höhenflug. Diese wahre Lebensgeschichte ist etwas für Hirn und Herz. Die letzten dreißig Seiten sind ganz tief anrührend und berührend.
Ich kann hier leider nur maximal fünf Sterne vergeben, was ich natürlich nur zu gern tue. Wenn ich könnte und dürfte, würde ich 25 oder 30 Sterne geben. "Danke" an Frau Marie Benedict für dieses ganz unglaublich wunderbare Buch!!! Weit mehr als ein Volltreffer!