Zeitgeschichtlich, ausdrucksstark, hochgradig spannend und empfehlenswert

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edda Avatar

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1961 starben an der Berliner Mauer zwei britische Spione, dieser Roman rollt den vergangenen Vorfall neu auf.
Die damalige Liebesgeschichte zwischen Alec Leamas und Liz Gold wird nun von anderer, differenzierterer Sicht angeleuchtet. Protagonist ist der, damals im Hintergrund gebliebene, Peter Guillam und wird in diesem letzten Spionageroman „Das Vermächtnis der Spione“ angeklagt, damals die Fäden gezogen zu haben und verantwortlich zu zeichnen für den Tod von Alec Leamas und Liz Gold. Kläger sind die hinterbliebenen Kinder, die dabei sind, die britische Regierung zu verklagen.

Nach Recherche der damaligen Begebenheiten unter strenger Aufsicht des Geheimdienstes, entscheidet sich Peter Guillam, in die Enge getrieben, zu einer Anwältin zu seiner Verteidigung. Diese, in die Tiefe bohrende Fachkraft, deckt zwiebelschalenartig den roten Faden auf. Durch ihre Kompetenz, die auch bei geringen Details nicht locker läßt nachzufragen und ihre Begabung für die Übersicht, jongliert sie mit entscheidenden Anregungen. Die Erinnerungen Guillams sind durchweg vorhanden, die damalige Operation hieß „Windfall“. Dennoch stellt sich für Guillam die Frage, was bei seinem damaligen Verschwiegenheitseid zu äußern ist und was besser nicht. Letztendlich wird Peter seinen damaligen operativen Chef George Smiley aufsuchen, um dessen Kenntnis über die Weisungsbefugnis und Verantwortung der Situation an der Berliner Mauer 1961 zu erhalten. 2 Agenten mussten sterben - waren Sie womöglich Bauernopfer?
Was wurde und wird eigentlich gespielt, wer hat Informationen, wer nicht, was ist echt, was nur zum Zweck?
Verlässlich und durchweg Fels in der Brandung: der integere George Smiley. Die vertrauenswürdige Koryphäe des britischen Geheimdienstes, bekannt durch 8 vorangegangene Spionageromane John le Carrés.
Die eigentliche Motivation sei die Liebe zu Europa gewesen, sagt George Smiley zu guter Letzt. Doch um welchen Preis? Dieser abschließende Spionageroman zeigt nach und nach auf, dass es weitaus mehr Wahrheiten zu diesem Vorgang an der Berliner Mauer vor über 50 Jahren gibt, als es damals erschien; zeigt auf, wie verwoben die Spinnennetze sind und wie durch pure Menschlichkeit das gedachte System stürzt, um neue Wahrheiten hervorzubringen, Wahrheiten, so unangenehm für das System, um Macht zu erhalten, müssen vertuscht werden.
Dieser Roman, „ Das Vermächtnis der Spione“, bezieht sich auf den dritten geschriebenen mit George Smiley namens „ Der Spion, der aus der Kälte kam“ und deckt die Hintergründe des damaligen Vorgangs auf. Mit diesem 1963 veröffentlichten Roman wurde John le Carré weltberühmt, es war der große Durchbruch für ihn, sein erster Roman von vielen, die verfilmt wurden.
Da sich wohl kaum noch jemand, zwar an den Titel doch weniger an die Handlung dieses großartigen Spionageromans erinnern kann, könnte dies dennoch eine Anregung sein, sich noch einmal zurück auf Smileys Spuren zu begeben, in den Kalten Krieg, an die Berliner Mauer kurz nach deren Bau.

Für mich als John le Carré Fan ein gelungenes abschließendes Werk seiner Spionageromane.
Man benötigt allerdings volle Konzentration beim Lesen, auch Erinnerungen an frühere Werke. Die Machtstrukturen des britischen Geheimdienstes mit Namen, Decknamen und Verantwortlichkeiten
mögen manchem Erstleser Schwierigkeiten bereiten – aber für diese könnte „ Das Vermächtnis der Spione“ nicht nur literarischer Anreiz sein, die vorangegangenen 8 Bücher zu lesen – zeitgeschichtlich und ausdrucksstark, hochgradig spannend und empfehlenswert!