Eindrucksvoll und unvorhersehbar

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azyria_sun Avatar

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Worum geht’s?
Krakau 1939: Marie wächst nur mit ihrem Vater auf. Sie kennt ihre Mutter nicht und ihr Vater weigert sich, über sie zu sprechen. Auf der Suche nach ihr begegnet sie ihrem Jugendfreund Ben wieder und die beiden verlieben sich. Obwohl der 2. Weltkrieg kurz vor dem Ausbruch steht und der jüdische Teil der Bevölkerung es immer schwerer hat, konvertiert Marie zum jüdischen Glauben, für ihre große Liebe Ben.

Meine Meinung:
„Das verschlossene Zimmer“ (Lübbe, Februar 2022) von Rachel Givney ist ein Roman, der genauso überraschend wie eindrucksvoll ist. Das Buch hat mich komplett in seinen Bann gezogen. Der Schreibstil der Autorin hat mich in das Jahr 1939 hineinversetzt. Die Menschen, die Ortschaften, die einzelnen Viertel in Krakau – ich konnte alles direkt vor mir sehen. Dann immer wieder die Rückblicke in die Zeit, als Marie noch ein Baby war; es war einfach nur unglaublich.

Auch die Protagonisten selbst waren wie vom Leben selbst geschrieben. Man denkt zunächst: Ach ja, wieder ein historischer Roman bei dem eine Frau ihre Mutter sucht, aber dann ist alles ganz anders. Marie wuchs mir direkt ins Herz, ihr Vater Dominik, der alles für sie getan hat ebenso. Und Ben, Maries große Liebe, auch er ist wundervoll. Ebenso ihr guter Freund Lolek. Und gemeinsam mit diesen Figuren dürfen wir Marie auf der Suche nach ihrer Mutter begleiten. Erleben, wie schwierig es die Frauen in den 1930er Jahren hatten. Ihr Stand in der Gesellschaft und mit welchen Ansichten sie zu kämpfen hatten. Dann die Entwicklung von Medikamenten, das Gesundheitswesen der 1930er Jahre. Wir haben einen kurzen Einblick in den 1. Weltkrieg bekommen und in die Anfänge der Zeit mit Hitler und das alles aus polnischer Sicht. Und alles war so real, als wäre man wirklich dabei! Die jüdische Hochzeit, ich konnte den bunten Trubel direkt vor mir sehen. Zusammen mit Marie gingen meine Gefühle auf und ab und ich habe mit ihr gebangt und gehofft, mit ihr geweint und mich mit ihr gefreut.

Das Buch war wirklich sehr emotional und die Wendungen zum Schluss – absolut außergewöhnlich, damit hätte ich nie gerechnet! Rachel Givney zeigt, was Mutterliebe alles bewegen kann und schafft eine atemberaubende historische Kulisse mit wundervollen Charakteren in einer Zeit des Wandels, der Entbehrungen und der Hoffnung. Ich habe das Buch verschlungen und hätte Marie und Ben gerne weiter begleitet und erfahren, wie es auch mit Helena weitergeht. Vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung – das würde ich mir sehr wünschen!

Fazit:
Mit „Das verschlossene Zimmer“ schafft Rachel Givney eine atemberaubende historische Kulisse im Krakau der 1939er Jahre. Alle Zeichen stehen auf Krieg und wir erleben den Beginn des Rassenhasses aus der polnischen Sicht. Daneben dürfen wir Marie begleiten, die auf der Suche nach ihrer Mutter ist, bekommen mit, wie schwierig es Frauen in dieser Zeit haben, sei es im Beruf oder im Studium, und um alles baut die Autorin so geschickt und spannend die Geschichte einer Mutterliebe, wie sie emotionaler und unerwarteter nicht sein könnte.

5 Sterne für diese wirklich außergewöhnliche Geschichte von der ich hoffe, dass es eine Fortsetzung geben wird!