Familiengeschichte

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Marie lebt wohlbehütet und umsorgt von ihrem Vater, einem angesehenen Arzt, in Krakau. Die beiden waren schon immer zu zweit, von ihrer Mutter weiß Marie nichts und ihr Vater weigert sich, auch nur das Geringste von ihr zu erzählen. Ein großes Geheimnis umgibt ihn und seine Vergangenheit, zudem ist in ihrem Zuhause das Zimmer des Vaters immer verschlossen. Marie hat sämtliche Freiheiten, aber dieser Raum ist für sie tabu.

Wir schreiben das Jahr 1939 und der Krieg rückt näher, mit ihm die Judenverfolgung, einhergehend mit dem Gedankengut der Nationalsozialisten.

„Das verschlossene Zimmer“ spielt in Polen, für ihre Recherche ist die Australierin Rachel Givney hierhin gereist, hat polnisch gelernt, sie hat sich vielen Geschichten um den Holocoust angenähert. Das Buch thematisiert die Stellung der Frauen in der patriarchalen Gesellschaft, Antisemitismus ist zunehmend spürbar.

Marie ist blitzgescheit, aber ihr großer Wunsch, Ärztin zu werden, wird ihr verwehrt mit der Begründung, sie wäre nur eine Frau und unfähig, einen Männerberuf auszuüben. Mit ihren siebzehn Jahren ist sie eine willensstarke junge Frau und kann so gar nicht verstehen, warum ihr geliebter Vater so ein großes Geheimnis um ihre Mutter macht. Nicht einmal ihren Namen will er ihr verraten. Sie aber bleibt hartnäckig, ihre Suche zieht sich durchs Buch. Erst ziemlich zum Schluss wird klar, warum ihr Vater die ganzen Jahre über so beharrlich schwieg.

In unruhigen Zeiten beginnt der Roman und endet am 1. September 1939, dem Beginn des Zweiten Weltkrieges. Die Autorin schreibt und beschreibt klar und klug das Leben kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, der spürbar näher kommt, die Intoleranz den Juden gegenüber überschattet zunehmend ihr friedliches Zusammenleben. Die Charaktere sind gut nachvollziehbar beschrieben, die nie endende Liebe zu einem Kind bedeutet auch, loszulassen.

„Das verschlossene Zimmer“ ist eine sehr lesenswerte Familiengeschichte in unruhigen Zeiten, lediglich den bittersüßen Schluss finde ich ein wenig zu konstruiert.