Angenehm komplexe Story, jedoch an einigen Stellen zu überzogen

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la tina Avatar

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30. Juli 1994 im beschaulichen Badeort Orphea: Während das erste Krimifestival des Ortes seine Premiere feiert, werden vier Menschen brutal erschossen. Der Bürgermeister und seine Familie sowie eine Joggerin vor deren Haus. Zwanzig Jahre später, das 21. Theaterfestival steht kurz bevor, tritt Journalistin Stephanie Mailer an Jesse Rosenberg heran, einen der damaligen Ermittler, und behauptet, sie hätten damals den falschen Mann als Täter überführt. Kurz darauf ist die Journalistin spurlos verschwunden. Was hatte sie zum damaligen Fall herausgefunden? Jesse lässt Stephanies Behauptung keine Ruhe und er rollt den Fall mit seinem damaligen Kollegen Derek Scott erneut auf. Hilfe bekommen sie von Anna Kanner, einer Polizistin in Orphea.
Zuallererst möchte ich Joël Dicker für seine sehr komplexe und undurchsichtig aufgebaute Story loben. Ebenfalls ist sein Schreibstil angenehm zu lesen, er verliert sich nicht in langweiligen Dialogen oder langwierigen Beschreibungen. Bei den Ermittlern wird schnell klar, dass diese, unabhängig vom Fall, ihre eigenen Geister der Vergangenheit mit sich tragen. Leider gestalten sich die Rückblenden in die früheren Leben der Ermittler ziemlich zerstückelt und dadurch unnötig in die Länge gezogen. Doch auch die Beteiligten rund um die Morde, welche im Rahmen der neu aufgerollten Ermittlungen auf dem Spielfeld des Romans positioniert werden, tragen jeder seine Geheimnisse oder Altlasten mit sich herum. Diese werden entweder durch Befragungen oder immer wieder eingestreute Rückblenden zutage befördert. Wobei ich mich an einigen Stellen wunderte, wie vertrauensselig die Ermittler gegenüber einigen Aussagen waren.
Zudem muss ich weitere Kritikpunkte am Roman einbringen. So hat Joël Dicker eine Theaterinszenierung names „Schwarze Nacht“ eingebaut, welche so überzogen und unrealistisch war, dass ich das Gefühl hatte, sämtliche Beteiligten hätten ihren Verstand an der Tür abgegeben statt zu erkennen, was für ein Unfug das ist. An der Stelle fühlte ich mich vom Autor nicht ernst genommen, dass er tatsächlich dachte, ein Leser könne den Quatsch für realistisch halten. Dass bis auf einen Mord alle anderen aufgeklärt wurden ist zwar glaubhaft, jedoch hat der Autor sich für den ungeklärten Mord so ein unrealistisches Ende einfallen lassen, welches man kurz im Epilog erfährt, dass ich der Meinung bin, den Punkt hätte er lieber weglassen sollen, statt sich das Ende des Romans damit zu versauen.
Alles in allem ein sehr unterhaltsamer und angenehm komplex gestalteter Roman mit diversenden Wendungen, bei dem mir jedoch wesentliche Teile als zu unrealistisch missfielen.