Komplex und undurchsichtig

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lunamonique Avatar

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Für seinen Roman „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ wurde Autor und Jurist Joël Dicker u.a. mit dem „Grand Prix du Roman der Académie Française“ ausgezeichnet. In „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ kommt eine Journalistin der Wahrheit auf die Spur.

Haben die Polizisten Jesse Rosenberg und Derek Scott vor zwanzig Jahren einen Unschuldigen hinter Gitter gebracht? Journalistin Stephanie Mailer entdeckt einen entscheidenden Hinweis, den die damals sehr jungen Ermittler übersehen haben. Wenig später ist sie verschwunden.

Mit den Geschehnissen von 1994 und einer berührenden Suche nimmt der Roman einen ergreifenden Anfang. Eine Begegnung streut Zweifel bei Captain Jesse Rosenberg. Journalistin Stephanie Mailer ist die Schlüsselfigur des Romans. Sie hofft auf die große Story und gibt deswegen keine Recherche-Details preis. Jesse und sein Partner Derek wurden für ihren damaligen Ermittlungserfolg gefeiert. Jesse steht kurz vor seinem selbstgewählten Abschied aus dem Polizeidienst. Er gilt als der 100prozentige. Die Hinweise verdichten sich, dass Jesse und Derek bei ihrem ersten Fall einen verhängnisvollen Fehler begangen haben. Von Anfang an entwickelt der Roman eine intensive und greifbare Atmosphäre. Das liegt an den packenden Beschreibungen, unzähligen, eingestreuten Puzzlestücken und an einem perfekt inszenierten Plot. Perspektivwechsel verdichten die Geschichte. Rückblicke gewähren Einblicke in Jesses und Dereks damalige Ermittlungen. Sie standen unter Erfolgsdruck. Haben sie sich deswegen zu schnell auf einen Verdächtigen festgelegt? Die Suche nach dem Motiv und der Wahrheit zieht sich hin. Einzelne Geschichten/Schicksale sind miteinander verbunden. Im Mittelteil nimmt die Atmosphäre mit allzu schrägen Akteuren und einer Theaterposse ab. Falsche Fährten und jede Menge Täuschungen, bald haben die Krimielemente wieder Oberhand. Ein Ermittler-Trio lässt nicht locker. Der Druck steigt wie damals. Erschütternd und berührend sind zwei Geschehnisse aus der Vergangenheit. Nach einigen Andeutungen erfährt der Leser immer mehr Wahrheiten. Nichts ist immer so wie es scheint. Ein komplexes Verwirrspiel bis zum Schluss. In diesem Roman steckt eine Menge Planung und Arbeit. Bis zum Ende lässt sich nichts durchschauen. Die zahlreichen Ideen, Details und Überraschungen bringen zum Staunen. Jeder Charakter hat Persönlichkeit und bringt auf seine Weise die Geschichte voran. „Die Liste der wichtigsten Personen“ am Ende des Buches kann im Zweifelsfall zur Orientierung genutzt werden. Wer zwischendurch den Überblick verliert, findet aber schnell in die Verwicklungen zurück.

Der Titel weckt die Neugierde und ist passend zum Inhalt in Szene gesetzt. Ein alter Fall, der wieder aufgerollt wird und immer mehr Fragen aufwirft. „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ lässt den Leser nicht mehr los. Nie war die Suche nach einem Täter schwieriger. Oder ist Stephanie Mailer freiwillig untergetaucht? Alles bleibt offen, und die Liste der Verdächtigen für die damaligen Morde wird länger und länger. Unterhaltsam, packend und manchmal schräg.