Zu ausschweifend, um wirklich spannend zu sein

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
caro.booklover Avatar

Von

Joel Dicker hat diesen Roman mit sehr vielen Figuren gespickt. Viele stammen aus New York, haben aber dennoch eine Verbindung zu dem kleinen Örtchen Orphea, in dem sich die Tragödie des Vierfachmordes ereignet hat. Da muss man im Kopf schon ein wenig sortieren, um die alle auseinander halten zu können. Erschwert wurde mir dies zunächst noch zusätzlich, weil ihre Bedeutung für die Geschichte nicht sofort klar wird. Erst nach etlichen Kapiteln kommen die Verbindungen der einzelnen Nebendarsteller zum Ausdruck. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass Dicker unbedingt bestimmte Klischees in seinen Roman einbauen will, auch wenn diese für die Handlung eigentlich unnötig und die Person selbst austauschbar gewesen wäre.
Die beiden Polizisten Jesse Rosenberg und Derek Scott, die ihren damaligen Fall wieder aufrollen, werden von Anna Kanner aus der örtlichen Polizeidirektion von Orphea unterstützt. In die Vergangenheit der drei Polizisten gibt es immer mal wieder Rückblenden, die zum Teil so ausschweifend werden, dass man sich schon fragt, was das eigentlich soll. Am Ende ist klar, dass das nicht wirklich relevant war. Den Fall bringt es nicht vorwärts. In einer Kriminalromanreihe ist das natürlich sinnvoll, da man das Privatleben der Ermittler mit einbezieht und in den Folgebänden fortsetzt. In diesem Einzelwerk ist es eher unnützer Schmuck. Beim Gesamtumfang des Buches von fast 700 Seiten hätte es auch nicht weh getan, diese Kapitel weg zu lassen. Die Perspektive wechselt zwischen den Protagonisten, auch die Nebenfiguren kommen selbst zu Wort. An vielen Stellen tritt dadurch der aktuelle Fall, nämlich das Verschwinden der Journalistin Stephanie Mailer und andere Todesfälle, total in den Hintergrund. Das fand ich schade. Wären es kurze Einschübe gewesen, hätte das sicherlich zum Spannungsaufbau beitragen können. Meist waren es jedoch so lange Passagen, dass das Buch sich irgendwie in den Handlungen der Nebenfiguren zu verlieren drohte. Dicker schafft es aber, meist noch rechtzeitig die Kurve zu kriegen und zum Wesentlichen zurückzukehren.

Fazit:
Etwas zu viel des Guten. Leider erzählt Dicker diese Geschichte so ausschweifend und mit so vielen Figuren, dass der eigentliche Plot irgendwie verwässert wirkt. Aber schreiben kann er, seine Sprache hat mir wieder Spaß gemacht. Ich vergebe 3,5 Sterne.