Eine Meise haben die anderen

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Eva Meijers Roman "Das Vogelhaus" erzählt die Lebensgeschichte der englischen Vogelforscherin und professionellen Geigerin Gwendolyn (Len) Howard.
Zwei Leidenschaften tragen sie durch ein langes und erfülltes Leben: die Musik und das große Interesse und die starke Sensibilität für Vögel.
Aufgewachsen in einem wohlhabenden Elternhaus auf dem Land, lernt Howard bereits von ihrem musischen Vater die Aufzucht von Vögeln kennen und entwickelt Beziehungen zu Vögeln, die im und rund um das Haus sowie im Garten nisten. Ihr Interesse schlägt sich zunächst in Geschichten über Vögel nieder, die sie auch später, als sie in London lebt, über Stadtvögel weiter schreiben wird.
Als junge Erwachsene macht Len Howard zunächst die Musik zu ihrem Beruf und spielt viele Jahre Geige in einem Londoner Orchester. Sie hat eine Beziehung, die anders als die Beziehungen ihrer Kollegen jedoch nicht in eine Ehe und Kinder mündet. Stattdessen bleibt sie unabhängig und eine Einzelgängerin, die sich weiterhin sehr für Vögel begeistert, wissenschaftliche Studien liest und eigene verfasst. Nach einem probeweisen Aufenthalt auf dem Land beschließt sie ihr Erbe zu nutzen, um ein eigenes Haus mit Garten zu erwerben, in dem sie sich ganz den Vögeln und den Vogelstudien widmen kann. Ihre gewonnenen Erkenntnisse und die Intensität der Beziehung zu den Vögeln, die ihren Garten besuchen, sind beachtlich (und zunehmend beachtet).
Eva Meijer schildert diesen außergewöhnlichen Lebensweg chronologisch, aber mit nicht immer genau angegebenen Zeitsprüngen aus der Perspektive von Len Howard selbst. Ihre subjektive Wahrnehmung der Tiere, aber auch der anderen Menschen, der Stadt London und der Natur zeugen immer von einer Art Außenseiterperspektive. Unterbrochen werden die Schilderungen durch Portraits einer Meise, zu der Howard eine besonders enge und lange Beziehung aufbauen konnte. Das Buch ist zugleich poetisch und analytisch und versteht es, Biografie und wissenschaftlichen Erkenntniswert der Alltagsbeobachtungen zu einer sehr lesenswerten Geschichte zu verbinden. Einige Fotos der Vögel Howards ergänzen das Buch, das mit der eingeprägten Amsel und dem aufwändigen Schutzumschlag mit viel Liebe zum Detail gestaltet ist.