Len Howards Vogelfamilie

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Eva Meijer porträtiert im Buch „Das Vogelhaus“ das Leben der Forscherin Len (Gwendolen) Howard, deren bedeutende Vogelstudien wichtige, anerkannte Erkenntnisse lieferten, obwohl sie nie eine fundiert wissenschaftliche Ausbildung auf diesem Gebiet absolvierte.

Len wuchs in einer kulturell interessierten Familie auf, zu der sie zeitlebens nie eine allzu enge Beziehung aufbaute. 1914 zog sie schließlich nach London, wo sie als begabte Geigerin ein fester Bestandteil des „Queens Hall“ Orchesters wurde. In ihrer Freizeit beobachtete sie Londons heimische Singvögel, studierte ihren Gesang, ihr Verhalten, ein Hobby, welches ihr große Freude bereitete. Und während ihre Freunde und Kollegen den ewig gleichen Kreislauf von Beruf, Partnerschaft und Kinder durchliefen, merkte Len bald, dass sie solch ein Leben nicht brauchte. Im Gegenteil, menschliche Bindungen bedeuteten ihr kaum etwas. Dafür wuchs in ihr der Wunsch nach Natur, nach einem Leben im Einklang mit den Vögeln, fernab der lauten Großstadt. 1938 konnte sie diesen Wunsch realisieren. Sie verließ das Orchester und London und zog als Aussteigerin ins verwunschene Sussex, einem kleinen ländlichen Idyll, wo sie fortan eine Wohngemeinschaft mit ihren gefiederten Freunden einging. Fast 40 Jahre lang studierte sie das Verhalten von Spatzen, Amseln etc., wobei sie ihr Hauptaugenmerk auf die Kohlmeisen legte. Viele ihrer „Studienobjekte“ nisteten sogar im Haus, so dass Len ein natürliches Vogelverhalten ohne Zwang beobachten konnte. Sie veröffentlichte Bücher und Geschichten darüber.

„Das Vogelhaus ist ein zarter, sehr stiller Roman, der sehr unterhaltsam ist. Die Sprache poetisch, ein Spannungsbogen wird nicht gebraucht. Die (fast) chronologische Geschichte wird immer wieder durch Len`s Vogelgeschichte über „Sternchen“ unterbrochen. Zu dieser hochintelligenten Kohlmeise baute Len eine intensive Beziehung auf – Wir Leser bekommen so einen tollen Einblick über die Arbeit dieser fast vergessenen Vogelforscherin.

Das Vogelhaus ist ein wunderschöner Roman, der aber eines nicht ganz schaffte: Er berührte nicht mein Innerstes. Die Schuld lag an Len und ihrer Persönlichkeit. Ich ziehe den Hut wegen ihres unermüdlichen Engagements zugunsten der Vögel. Auch die zahlreichen Entbehrungen, die sie für ihre „Mitbewohner“ auf sich nahm, verdienen großes Lob. Leider litt darunter ihre menschliche Seite und sie verspielte viele Sympathiepunkte bei mir. Ich empfand sie oft kaltherzig und unfreundlich – eine resolute Dame mit egoistischen Neigungen. Aber vielleicht war sie gerade deshalb eine Vogel-Koryphäe der damaligen Zeit.

Ich gebe eine Leseempfehlung, denn Len`s Lebenswerk sollte nicht vergessen werden. Und uns Lesern wird ein ganz besonderer Blick auf all die gefiederten Individuen rings um uns herum geschenkt, den wir sonst nie wahrgenommen hätten. Er lohnt sich.
Ich möchte dem Buch vier von fünf Bewertungssternen geben.