Etwas ratlos bleibt man zurück

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jazebel Avatar

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Dieses Hörbuch hat mich etwas ratlos zurückgelassen. Zwei Themen wurden hier sehr interessant vereint: Forschung und ihre Folgen sowie Kindesmissbrauch.



Die erfundene Lebensgeschichte des Nobelpreisträgers Norton Perina wird hier spannend und bildreich beschrieben. Im Stile einer Biografie führt die Geschichte durch sein ganzes Leben, von Kindesbeinen an bis zu seiner Inhaftierung wegen Kindesmissbrauchs im hohen Alter.



Nicht ganz verstehen konnte ich die Entscheidung der Autorin, Perina so komplett unsympathisch anzulegen. Forscher, Nobelpreisträger, Denker, all diese Verdienste hin oder her, ich konnte an diesem Charakter nicht das kleinste Bisschen Positives abgewinnen. Sein Assistent, Ronald Kubodera, der sich im Prolog, Epilog und zwischendurch in fußnotenartigen Einschüben zu Wort meldet, macht die Sache durch seine Perina anhimmelnde Art auch nicht besser.



Wunderbar hingegen fand ich Yanagiharas Art, schwelgerisch die Forschungsreise Perinas zu einem noch unentdeckten Naturvolk beschreiben. Ihre Art jede Farbe, jede Textur, jeden Geruch poetisch zu beschreiben ist wirklich ein Ohrenschmeichler beim Hörbuch hören. Jedoch wird dies in dem Moment zunichte gemacht, in dem wieder Perinas narzisstische Art und seine Geringschätzung anderen gegenüber durchbricht. So sind die Stellen, in denen er sich über seine Wissenschaftler- Kollegin Esme ergeht stellenweise schwer zu ertragen.


Auf dieser Insel wird Perina eine bedeutende Entdeckung machen: scheinbar unsterbliche Menschen, deren körperliche Jugend jedoch mit enormen geistigen Verfall einhergeht. Seine Entdeckung findet großes Echo in der Wissenschaft, jedoch bedeutet dies den Niedergang für dieses Volk und Perina fühlt sich schuldig.


So ausführlich dieser Teil gestaltet ist, so vage bleibt der Verlauf der Erzählung um Perinas Schandtaten gegenüber seinen Adoptivkindern. Auch nach Lektüre dieser Geschichte könnte ich dazu, ob es passierte oder nicht, keinen qualifizierten Kommentar abgeben. Natürlich hat man hier nur die 'Täersicht' und dies merkt man dem Roman an. Ein Narzisst berichtet über seine Großtaten und schweigt über Fehlschläge oder delegiert die Schuld. Deswegen hängt man nach der Lektüre auch gedanklich etwas in der Luft.


Die Sprecher machen beide einen großartigen Job und wurden perfekt ausgewählt, beide Stimmen passen perfekt zu meinem inneren Bild der Charaktere.