Mensch oder Scheusal?

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In ihrem Debüt-Roman "Das Volk der Bäume" führt uns die amerikanische Bestseller-Autorin Hanya Yanagihara auf eine von der Zivilisation unberührte Südseeinsel und in tiefe menschliche Abgründe.

Der junge Arzt Norton Perina bricht nach einem eher lustlos absolvierten Medizinstudium und einem grausamen Job in einem Tierversuchslabor
mit seinen Forscherkollegen zu einer Expedition nach Ivu'ivu auf, wo er auf ein geheimnisvolles Volk stößt, dessen Sprache, Rituale und Traditionen sie studieren.
Nach einigen Tagen im Dschungel macht er eine erstaunliche Entdeckung. Er findet heraus, dass die vermeintliche Unsterblichkeit einiger Stammesmitglieder durch den Verzehr der seltenen Opa’ivu’eke-Schildkröte Nach langjährigen Versuchen an Mäusen und den Ivu'ivu wird allerdings klar, dass zwar der Körper jung bleibt, aber der Geist verfällt.
Mit seiner Entdeckung wird Perina zum gefeierten Held der Wissenschaft und gibt die Insel zugleich der Zerstörung durch Horden von Forschern und Pharmakologen preis, die den großen Ruhm und das große Geld wittern. Bei weiteren Besuchen auf der Tropeninsel nimmt Perina insgesamt 43 Kinder mit in seine Heimat, adoptiert sie und zieht sie groß. Erst in einem Nachtrag erfahren wir schließlich die Wahrheit über seinen Missbrauch wie auch über sein späteres mysteriöses Verschwinden.

Die fiktive, aber an den Mediziner Daniel Carleton Gadjusek angelehnte Biografie, wird sehr packend und sinnlich von Hanya erzählt. Es stellen sich unweigerlich viele Fragen, wie die, was von der modernen Wissenschaft erwartet und toleriert wird und wie viel man einem Genie verzeihen kann und darf. Wir lernen viel über Nortons Vergangenheit, den frühen Tod seiner Mutter und seines Vaters, die Beziehung zu seinem Bruder Owen, das erfundene Volk der Ivu'ivu, Nortons Forschungen und das nicht immer einfache Zusammenleben mit seinen Adoptivkindern.
Mir gefiel die Geschichte nach anfänglichen Schwierigkeiten ganz gut, was nicht zuletzt am Können des Sprechers und dem fesselnden Schreibstil der Autorin lag. Ein großes Lob auch an das wirklich bezaubernde Cover.