Familienbande

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Die Ich-Erzählerin des Buches, die bis zuletzt namenlos bleibt, wie übrigens der überwiegende Teil der anderen Personen, fängt ihre Erzählung mit dem Vorkommnis an, dass nämlich eine unbekannte Frau an sie herangetreten ist mit dem Satz, sie hätten beide denselben Vater. Ausgehend von diesem Ereignis entspinnt sich eine gedankliche Reise der Erzählerin, die Zeitsprünge macht zwischen hier und jetzt sowie zwischen Zeiten, zu denen die Frau selbst noch nicht auf der Welt war. Hierbei macht sie sich und mir als Leserin immer wieder klar, welche Unterschiede sie zwischen ihrer Erinnerung und dem tatsächlichen Geschehen findet, indem sie die Vergangenheit hinterfragt.

„Das hier ist nicht die Geschichte meiner Familie. Die Geschichte meiner Familie gibt es nicht. Da ist nur die Geschichte einer Verwirrung.“ (Seite 89)

Dies hört sich trocken und spröde an, ist aber tatsächlich so interessant und unterhaltsam, dass ich an den Seiten klebe und nicht aufhören kann, weiterzulesen und zuzuschauen, was dabei herauskommt. Die Worte und Sätze habe ich dabei gedanklich durchgekaut, viele Sätze, ganze Seiten erneut gelesen, weil ich fasziniert war von der Art und Weise, wie präzise und fein diese Frau sich selbst und ihr Verhalten, ihre Handlungen reflektiert. Manchmal hatte ich das Gefühl, eine Konversation mit ihr zu führen, mit ihr, die ein Mensch ist, den ich gerne kennenlernen würde, habe ich gedacht. Ehe, Muttersein, Kindheit, Adoption, Alleinsein, alle diese Themen finden Platz und kreisen um das Thema Schwester herum, obwohl sie es nicht betreffen, jedenfalls nicht unmittelbar. Erst auf den letzten Seiten geht der Erzählung ein wenig die Luft raus, man merkt, dass es endet, aber dies noch nicht das Ende ist.

Mich hat das Buch insgesamt unglaublich gut unterhalten und ich freue mich darauf, den nächsten Teil der Trilogie lesen zu können, der vor kurzem erschienen ist. Danke für schöne Lesestunden. Von mir gibt es gerne eine Leseempfehlung.