Irritierende Gefühle

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In dem Roman "Das Vorkommnis" berichtet die Protagonistin, eine Schriftstellerin, in der Ich-Form wie sie auf einer Lesung von einer Fremden angesprochen wird, die vorgibt ihre Halbschwester zu sein. Nach dieser Begegnung kommt es zunächst zu keinem weiteren Treffen. Trotzdem wirft dieses Vorkommnis eine ganze Reihe von Fragen auf, trügerische Erinnerungen werden geschildert, genauso die Beziehungen zur leiblichen Schwester, die Geschichte der Eltern und Großeltern. Auch die verlebte Kindheit in der DDR wird angerissen. Die meisten Kapitel spielen jedoch in Bowling Green, einer Kleinstadt in den USA, in der die Protagonistin als Dozentin arbeitet.Ihre Mutter und ihre Kinder sind dabei, ihr Mann bleibt in Deutschland zurück und spielt nur eine Nebenrolle.

Die Kapitel sind episodenhaft. Viele Gedanken sind absolut nachvollziehbar, viele aber auch unerklärlich - wie das Misstrauen ihrem Mann gegenüber. Es bleibt so vieles "in der Luft hängen", es wird in der Zeit mehrfach hin- und her gesprungen. Es fehlt dem Buch eine nochvollziehbare Handlung. Die Gefühle der Ich-Erzählerin, sind sie auch noch so irritierend, werden dafür absolut eindrücklich geschildert.
Die weiteren Personen werden nur "Mutter" "Mann" "älteres Kind" "Schwester" genannt, deshalb bleibt man distanziert als Zuschauerin und kann keinerlei emotionale Bindung aufbauen. Das ist sicher so gewollt, aber für meinen Geschmack bleibt man irgendwie außen vor. Für mich war das eher ermüdend. Die Gedanken der Protagonistin sind beeindruckend in Worte gefasst, aber es wird keine runde Geschichte daraus. Es ist nicht fertig erzählt und das lässt mich irgendwie unzufrieden zurück.