Eine Amerikanerin wird erwachsen

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caro.booklover Avatar

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Anhand des Klappentextes hatte ich mir einen Roman vorgestellt, in dem eine junge Frau anhand ihres großen Idols alles aus sich herausholt, sich emanzipiert und ihren Platz im Leben einnimmt. Für eine solche Rolle ist Greer Kadetsky als Protagonistin nicht so richtig geeignet und sie macht diese Entwicklung aus meiner Sicht auch bis zum Schluss nicht durch. Das fand ich sehr schade und gegen Ende sogar nervig, da sie auch nach einigen Jahren Berufserfahrung zwar anderen Frauen eine Stimme geben und sie ihre Geschichte erzählen lassen will, selbst aber weiterhin völlig introvertiert ist und nicht für ihre Ideale einsteht. Ganz besonders musste ich den Kopf über die Szene schütteln, in der sie ein blutig-gebratenes Steak isst, weil sie sich in der Gruppe (inkl. ihres Vorbildes Faith Frank) nicht als Vegetarierin outen will. Zu diesem Zeitpunkt ist sie allerdings schon kein blutjunger Frischling mehr im Team, wo man andernfalls vielleicht noch verstehen könnte, dass jemand einfach nur dazu gehören will. Zusammen mit anderen Episoden hat das alles für mich nicht zusammen gepasst und mich dadurch von Greer als Charakter auch nicht überzeugen können. Häufig fragte ich mich, ob sie mit Absicht so introvertiert und naiv dargestellt wird, was ja durchaus seine Berechtigung hätte, aber dann müsste sie eben im Kontext einer solchen Geschichte auch die entsprechende Entwicklung durchmachen.

Obwohl Meg Wolitzer ihre Protagonisten sehr eingehend beschreibt und nicht nur Greers Vergangenheit beleuchtet, bleibt doch eine merkwürdige Distanz. Vielleicht, weil auch die anderen Charaktere nicht wesentlich glaubwürdiger als Greer wirken. Insbesondere die berühmte, idolisierte Faith Frank konnte mich überhaupt nicht für sich einnehmen. Ihr Lebensweg und die wahrgenommenen Aufgaben in der Gegenwart des Romans konnten mich auch nicht wirklich von einer feurigen Feministin überzeugen. Hier hätte es deutlich mehr Power gebraucht, vielleicht auch mal einen längeren Abschnitt mit einer ihrer Reden, um quasi auch beim Leser eine Motivation für das Thema zu wecken. Das blieb völlig auf der Strecke.

Viele Passagen wurden dann richtiggehend langatmig. Alles in allem ist das Buch aber auch nicht so vollkommen uninteressant, dass ich es deswegen nicht zu Ende gelesen hätte. Es ist aber eben mehr ein Roman über drei junge Leute (Greer, ihre Jugendliebe Cory und ihre beste Freundin Zee), die auf sehr unterschiedliche Weise erwachsen werden und ihre ursprünglichen Lebenspläne und Träume der Realität anpassen müssen. So manches Mal hat man dabei das Gefühl, dass Ideale auf der Strecke bleiben, ohne dass dies von den Protagonisten großartig reflektiert wird. Das hätte für mich die Sache zumindest noch etwas runder gemacht. So war es die meiste Zeit ein beschreibender, sachlicher Erzählstil, der mich emotional nicht erreichen konnte.



Fazit:

Meg Wolitzer konnte mich trotz ausführlich dargestellter Protagonisten emotional nicht erreichen. Der Roman wirkte auf mich wie eine distanzierte, sachliche Erzählung, die so gar nicht zu diesem eigentlich hochemotionalen Thema passt (selbst wenn man hier den Feminismus außen vor lässt und es als einen Roman über das Erwachsen werden sieht). Immer wieder wurde es langatmig und die Handlung plätscherte vor sich hin. Ich hatte mir mehr vom Thema des Romans erwartet.