Lost in translation

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sursulapitschi Avatar

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Zu diesem Buch habe ich viel Positives gehört. Insbesondere der wunderbare Erzählstil wird gerne gelobt. Allerdings war ich gerade damit schon auf Seite 10 im Krieg.
Man stelle sich vor, dass sich im Jahr 2010 junge Leute für eine „abendliche Sause“ vorbereiten und Greer im Wohnheim des Colleges eine der raren eigenen „Buden“ ergattert. Das ist die Jugendsprache der 50er, die in diesem Zusammenhang deplatzierter nicht sein könnte und die dem Buch eine prüde, altbackene Note verleiht, die das Original nicht hat, wie man schnell anhand der englischen Leseprobe feststellen kann. Das war mein erstes Buch von Meg Wolitzer, bei der ich Eloquenz und eventuell sogar Witz vermute, was diese Übersetzung leider nicht transportiert.

Auch inhaltlich wirft es einen nicht direkt um.
Greer ist schüchtern, hochintelligent, ein Bücherwurm, und tief beeindruckt von der berühmten Feministin Faith Frank, die einen Vortrag an ihrem College hält. Später ergattert sie einen Job bei Faith‘s Stiftung, brennt dafür, will Gutes bewirken, Frauenrechte stärken, bis sie merkt, dass ihre Heldin nicht makellos ist.

Hier tummeln sich die taffen engagierten Frauen, leider kauft man keiner davon ihr Engagement wirklich ab. Die Vita eines jeden Protagonisten wird zwar gründlich skizziert. Näher kommt man ihnen dadurch nicht. Man hat eher den Eindruck, es wird jede Stereotype Amerikas angerissen, die gemeinhin als originell gilt. Da haben wir die Lesbe, die erfolgreiche Superfeministin, den Bücherwurm, der zu Höherem berufen ist und den knallharten Businessman und Frauenhelden. Selbst Greer, mit einer solide traurigen Kindheit im Rücken, wird nicht lebendig. Sie engagiert sich wacker, aber ihre Gründe dafür sind eher schwammig. Natürlich ist es auch nobel, Gutes zu tun, nur um Gutes zu tun. Das kann man bewundern, aber es trifft einen nicht. Einzig die Geschichte von Greers Highschoolliebe Cory nimmt einen mit.

Zum Ende hin tischt Frau Wolitzer dann doch noch eine gute Idee auf und merkt an, dass der Kampf um Frauenrechte heute wieder hoch aktuell ist. Da ist was dran, wenn man die zunehmend konservativen politischen Strömungen beobachtet, die Frauen wieder zurück an den Herd schicken möchten. Das wäre ein innovatives Kernthema gewesen, ist hier aber nur eine Schlussbemerkung.

Dieses Buch wirkt wie eine Abhandlung der Geschichte des Feminismus seit den 60er Jahren. Das ist mäßig interessant aber nicht neu. Vielleicht werde ich noch mal ein anderes Buch der Autorin lesen, das von einem anderen Übersetzer bearbeitet wurde. Dieses hier ist wohl nicht ihr bestes Buch und dazu noch absolutely lost in translation.