Zurück(ge)lassen für eine Lebenschance

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redcat Avatar

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Nachdem mir Cover und Titel nicht unbedingt zugesagt haben, habe ich mich aufgrund der vielen positiven Reaktionen zu LP entschlossen, die LP runter zu laden, um mir selber einen konkreten Eindruck zu machen.
Der Start gefällt mir gut: Ein Zitat von Tolstoi und ein Überblick über einige Ereignisse des 5. August 1962; ein Tag bzw. DER TAG, der auch für diesen Roman eine entscheidende Rolle spielen soll.
Es ist ein „Arschkarten-Sonntag“, an dem sich Miriam, ein junges - etwa 16/17 Jahre altes, kurz vor der Entbindung stehendes – Mädchen in ein einfaches Krankenhaus schleppt. Das wenige Personal, dass an diesem Tag Dienst hat, ist mit Opfern einer Massenkarambolage überfordert.
Die Szenerie ist beeindruckend atmosphärisch beschrieben. Man sieht und riecht förmlich die katastrophalen Zustände, die in dem kleinen Krankenhaus herrschen, man spürt die Beklommenheit und Not der von Schmerz durchrüttelten jungen, aus einfachem Milieu stammenden, Miriam, die von irgendeinem Mann – ungewollt – schwanger geworden. Und ich finde es äußerst bewegend und beklemmend, dass sie in ihrer Hilflosigkeit und Einsamkeit das Krankenhaus ohne ihr Baby verlässt. Dieses Kapitel ist absolut ergreifend geschrieben. Ich bin absolut ergriffen.
Und es ist Miriam, und insbesondere ihre Augen, die Billy Beal in seinen Bann zieht, warum auch immer, aber er will irgendwie helfen! Eine fixe Idee erhält Einzug in seinen Kopf. Was wäre, wenn seine Familie das zurückgelassene Baby aufnimmt? Kann er Miriam, die sein Herz einnimmt, dadurch gewinnen?
Erschreckend bei diesem Kapitel ist, wie herablassend und brutal der Vater – der Hausherr – mit seiner Familie umgeht. Diese Niederträchtigkeit und das abwertende Verhalten dominieren das Kapitel.
Im krassen Gegensatz dazu steht das dritte Kapitel des Ehepaar Matzner, das zärtlich und liebevoll und voller Respekt miteinander umgeht.

Der Autorin gelingt es auf eine besondere Art und Weise diese unterschiedlichsten Milieus und Charaktere so treffend zu beschreiben, dass man absolut lebensnah in diese Geschichte(n) reingezogen wird und sich mit den Protagonisten identifizieren kann.

Eine wirklich tolle Leseprobe.