Höhen und Tiefen im Leben von Cheri Matzner

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ute54 Avatar

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Das Cover passt nicht zu dem Titel und ist irreführend. Man stellt sich ein mondänes Luxusweibchen vor, denn die Protagonistin ist im Stil der Sechziger aufgebrezelt, im Bikini und mit Palmen im Hintergrund. Cheri ist jedoch völlig anders: Piercings, Tattoos, Second Hand Klamotten in ihrer wilden Studentenphase. Auch als Ehefrau und Universitätslehrerin nicht angepasst, in jeder Hinsicht.
In jedem Fall ist das Buch aber lesenswert durch den mitreißenden Schreibstil, durchsetzt mit
italienischen Wörtern, denn die vielschichtige Charakterdarstellung der Protagonistin macht ihre Entwicklung in den einzelnen Lebensphasen sehr authentisch.
Dieser Roman besteht aus vier Teilen, dabei dreht sich der erste Teil um Cheri als Baby.
Das ungleiche Ehepaar Cici und Solomon ist durch die Totgeburt des Sohnes traumatisiert. Solomon adoptiert daraufhin ein kleines Mädchen, Cheri genannt, welches von der Mutter völlig vereinnahmt und verhätschelt wird, da sie selbst keine Kinder mehr bekommen kann. Solomon fühlt sich aber ausgeschlossen und entwickelt eine distanzierte Beziehung zu seiner Adoptivtochter.
Der zweite Teil springt dann auf Cheri mit 40 Jahren um. Nur in ständigen Retrospektiven werden die verschiedenen Lebensphasen der Protagonistin im Folgenden dargestellt.
Cheri erfährt durch einen Zufall als kleines Mädchen, dass sie adoptiert wurde. Das erklärt auch, warum sie anders als ihre „Eltern“ aussieht und sich auch völlig anders verhält. Immer unangepasst und aufmüpfig, lehnt sie sich gegen die gutbürgerliche Welt ihrer Adoptiveltern auf. Als Jugendliche hat sie nur eine Freundin und will einfach nur weg. Ihr Leben als Studentin der Religionswissenschaften wird von Drogen und Sex bestimmt, daher auch der Titel: „ Das wilde Leben...“. Sie verdient sich ihren Lebensunterhalt selbst und fühlt sich zu Leuten aus niederen sozialen Schichten und auch Outcasts hingezogen. Nach einigen Jahren schmeißt sie ihr Studium und geht zur New Yorker Polizei, muss dort aber erfahren, dass sie als Frau aus einer höheren sozialen Schicht mit Studium von ihren Kollegen nicht anerkannt wird. Sie kehrt also zur Uni zurück, lehrt dort sehr erfolgreich, heiratet einen weitaus älteren Mann und muss sich den Schwierigkeiten stellen, die dieser Altersunterschied mit sich bringt, besonders als dieser lebensbedrohlich erkrankt. Leider kann sie keine Kinder bekommen, was für sie umso schmerzlicher ist, da sie das Doppelleben ihres Vaters entdeckt hat. Cheri ist oft verbittert und verloren, da sie mit Betrug, Tod und Einsamkeit konfrontiert ist. Depression und neue Hoffnung bestimmen ihr Leben.
Wir sind mit ihrer Achterbahn der Gefühle konfrontiert, denn Cheri kann nicht aus ihrer Haut. Am Ende des Romans tritt noch eine positive Wendung ein, die ihr neue Hoffnung gibt. Man braucht psychologisches Einfühlungsvermögen, um die einzelnen Charaktere zu verstehen und diese nicht nur als Stereotypen einzuordnen.
Das Werk hat mich nachdenklich gemacht!
Es hat insgesamt 5 Punkte verdient.