Katz- und Mausspiel...

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Zwei Agenten von Slough House, einem Abstellgleis des MI5, erhalten den Auftrag, einen russischen Oligarchen zu beschützen, den der britische Geheimdienst als Informanten gewinnen will. Gleichzeitig wird ein ehemaliger Spion aus kalten Kriegszeiten tot aufgefunden, angeblich infolge eines Schlaganfalls. Bei beiden Fällen spielen russische Schläfer eine wichtige Rolle: ›Dead Lions‹. Ausgerechnet die Agenten, denen keiner etwas zutraut, sind beim Erwachen der Löwen dabei.

Ha, was bin ich froh, dass ich der Reihe um die Slow Horses noch eine zweite Chance gegeben habe! Nach dem für mich eher mittelmäßigen ersten Band: 'Slow Horses' gefiel mir diese zweite Folge um Längen besser!

Das liegt vor allem daran, dass diesmal deutlich weniger Zeit darauf verwendet wurde, die einzelnen Charaktere vorzustellen, und auch die Intrigen innerhalb des MI5 und seiner Abteilungen schrumpfen hier auf ein gesundes Maß. Mick Herron hat diesmal eine Rahmenhandlung installiert, bei der zu Beginn des Geschehens eine (imaginäre) Katze das Slough House betritt und von Zimmer zu Zimmer schleicht, kurz die dort arbeitenden Personen betrachtet und dann weiterzieht - und wo am Ende dasselbe von einer ebenso imaginären Maus absolviert wird. Passend für ein Katz- und Maus-Spiel, wie es sich zwischen diesen rahmenden Kapiteln entspannt...

Jackson Lamb, der schmierige, schmerbäuchige, ungehobelte, faule, verbitterte, misantropische, überhebliche Koloss von einem Chef der aufs Abstellgleis geratenen MI5-Agenten im Slough House, der nichts als Verachtung für seine Mitarbeiter demonstriert, kommt in dieser Folge deutlich schneller in Wallung als noch in Band eins. Ein ehemaliger Spion, den er noch aus Zeiten des Kalten Krieges kennt, kommt unter mysteriösen Umständen zu Tode. Lamb glaubt keine Sekunde an den proklamierten Herztod und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln.

Gleichzeitig erfährt er, dass ohne sein Wissen zwei seiner Slow Horses vom Geheimdienst abgestellt wurden, um einen russischen Oligarchen zu beschützen, von dem man sich für die Zukunft lohnenswerte Verbindungen erhofft. Auch hier wird Lamb hellhörig - zurecht, wie sich herausstellt. Nur zu bald stirbt einer seiner Agenten und Lamb wäre nicht Lamb, würde er dieses Ereignis auf sich beruhen lassen...

Der Kalte Krieg lebt hier wieder auf, die Suche nach sog. Schläfern beginnt, und Lambs Slow Horses können einmal mehr zeigen, was wirklich in ihnen steckt. Dabei zeichnet Mick Herron die Charaktere von Lambs Agenten größtenteils durchaus als 'Verlierertypen', die meist noch nicht einmal selbst an sich glauben und oft auch sonst kein Leben führen, um das man sie beneiden würde. Doch wenn sie geben, was sie können, kommt zuweilen doch durchaus Beachtliches dabei heraus, und gemeinsam könnten sie eine starke Truppe sein - es müsste ihnen nur einmal jemand sagen.

Der Autor lässt sich Zeit mit seiner Erzählung, und doch scheint diesmal kein Wort zu viel. Perspektivwechsel mit geschickt eingebauten Cliffhangern sorgen für ausreichende Spannung, die gegen Ende ebenso wie das Tempo noch einmal deutlich anzieht. Noch mehr als im ersten Band kam für mich diesmal auch der Humor zum Tragen: trocken, schwarz und - ja, englisch eben. Herrlich und immer wieder an unerwarteten Stellen eingebaut, sorgten diese Einlagen bei mir selbst an Punkten höchster Anspannung für etliche Lacher.

Ein überzeugender zweiter Band einer in England bereits sechsbändigen Reihe um Jackson Lamb - spannend, unterhaltsam und mit überraschenden Wendungen. Macht in jedem Fall neugierig auf weitere Folgen!


© Parden