Spionagethriller der anderen Art

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elke17 Avatar

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Sie sind zurück, die „lahmen Gäule“, die ausgemusterten MI5-Agenten, die man im Hauptquartier aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr haben will und deshalb mit mehr oder weniger vorgeschobenen Begründungen aus dem aktiven Dienst entfernt und ins Slough House abgeschoben hat. Darauf hoffend, sie so mürbe zu machen und zur Kündigung zu bewegen, weil sie irgendeinem ambitionierten Agenten im Weg stehen. Louisa, Shirley, Catherine, Min, River, Roderick, Marcus, und allen voran Jackson Lamb, der den Laden zusammenhält und, man mag es kaum glauben, über ausgeprägte Instinkte verfügt, weshalb er auch äußerst misstrauisch ist, als er vom Tod eines früheren Kollegen erfährt, mit ihm aktiv als „Kalten Krieger“ in Berlin. Und nun Herzinfarkt in einem Bus, auf einer Strecke, die so überhaupt nicht in sein Bewegungsprofil passt. Ein mysteriöser Eintrag auf dessen Handy, dazu schlampige Untersuchungen der Zentrale, um den Todesfall ohne Aufsehen schnell abzuhandeln und zu den Akten zu legen. Lambs ungute Ahnung verstärkt sich, als auch noch zwei seiner Mitarbeiter zum Schutz eines russischen Oligarchen abgezogen werden, der London besucht. Etwas ist im Busch, und das hat mit den „Löwen“ zu tun, die offenbar doch nicht so reglos vor sich hin schlafen…

Was Mick Herrons Agenten-/Spionagethriller auszeichnet ist der erfrischend andere Blick auf die Geheimdienstaktivitäten der britischen Military Intelligence Organisation. Gespickt mit einer gehörigen Portion Ironie präsentiert er seinen spannenden Thriller, der ganz ohne die strahlenden Helden à la James Bond und Konsorten auskommt, die wir üblicherweise aus diesem Genre kennen. Sämtliche Personen wirken trotz oder gerade wegen ihrer Macken sympathisch, authentisch und überzeugend, man nimmt ihnen ihr Handeln jederzeit ab. Dazu ein überzeugender Plot, nicht nur mit viel Liebe zum Detail sondern auch den kritischen Untertönen, auf die so viele seiner Autorenkollegen, speziell in diesem Genre, gerne verzichten. Jede Menge Ironie und schräger Humor runden das Ganze ab und machen aus diesem komplexen Spionagethriller der anderen Art ein höchst unterhaltsames Lesevergnügen.