Atmosphärischer Küstenkrimi

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Vor kurzem erst ist Stephan Möllenkamp von Hannover nach Ostfriesland gezogen, um dort seine neue Stelle als Hauptkommissar bei der Kripo in Leer anzutreten. Nun hat er es mit einem besonders heiklen Fall zu tun. Der reiche Bauer Tadeus de Vries wurde in einem Holzsarg eingegraben auf der Baustelle des neuen Emssperrwerks gefunden. Die Zahl der potenziellen Verdächtigen ist groß. Zu seinen Lebzeiten hatte sich der Bauer viele Feinde gemacht, sei es durch Demütigungen, skrupellose Geschäfte oder auch seine NS-Vergangenheit. Die Ermittler kommen bei ihren Nachforschungen nicht wirklich weiter, wäre da nicht die neugierige Lokalreporterin Gertrud Boekhoff, die die Ermittlungen bald kräftig aufmischt…

Als großer Fan von Lokalkrimis, die an der Nord- und Ostseeküste spielen, war ich sehr gespannt auf diesen neuen Küstenkrimi. Schon das Cover vermittelt ein wunderbar nordisch-maritimes Flair und spiegelt gleichzeitig die teilweise doch recht düstere Atmosphäre des Romans wieder.
Die Handlung selbst beginnt mit dem spektakulären Mord an dem reichen, aber doch verhassten Bauern Tadeus de Vries. Allein die Vorstellung in einem Holzsarg lebendig begraben zu werden, hat mir einen Schauer über den Rücken gejagt. Die Autorin baut hier eine unheilvolle Stimmung auf, welche auch durch das überwiegend triste Wetter noch verstärkt wird. Diese spannungsvolle Atmosphäre zieht sich durch den gesamten Verlauf der Handlung. Auch wenn Stephan Möllenkamp und seine Kollegen in diesem verzwickten Fall nicht wirklich weiterkommen und sich die Ermittlungen doch lange Zeit im Kreis drehen, wurde die Geschichte doch nie langweilig.

Frischen Wind in die Ermittlungen bringt auch die resolute Lokalreporterin Gertrud Boekhoff. Neugierig wie sie ist, beginnt sie bald, selbst Nachforschungen zur Vergangenheit von de Vries anzustellen und schreckt dabei auch vor eher unkonventionellen Recherchemethoden nicht zurück. Gertrud ist hierbei mit viel Herzblut bei der Sache und lässt sich so schnell nicht von ihren eigenen Ermittlungen abhalten, was sie mir sehr sympathisch gemacht hat.
Nachdem der Roman mit „Das neue Ermittler-Dreamteam des Küstenkrimis“ betitelt war, dachte ich doch, das Möllenkamp und Boekhoff bei den Ermittlungen stärker zusammenarbeiten würden. Stattdessen ermitteln beide jedoch eher getrennt voneinander und teilen nur selten ihre Ergebnisse miteinander, zumal der Hauptkommissar so gar nicht davon begeistert ist, dass die Lokalreporterin des Öfteren ihre Kompetenzen überschreitet. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die beiden doch noch mehr zu einem Team würden. Aber das entwickelt sich vielleicht noch in einem Folgeband.

Insgesamt hat mir „Deichfürst“ gut gefallen und auch die Auflösung des Mordfalls am Ende konnte mich überzeugen. Durch den Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart und dem damit verbundenen Perspektivwechsel konnte man die Hintergründe der Geschichte sehr gut nachvollziehen. Heike van Hoorn schafft durch ihre anschaulichen Beschreibungen eine sehr lebendige Atmosphäre, sodass ich mich direkt an die ostfriesische Küste versetzt fühlte. Hierzu tragen auch die Einstreuungen von Sätzen auf Plattdeutsch bei, welche die Dialoge noch authentischer machen. Die Übersetzungen hierzu finden sich im Anhang, jedoch ist es bei einem E-Book umständlich, zwischendurch immer hin und her zu springen.
Einziger Kritikpunkt ist die angekündigte Zusammenarbeit zwischen Stephan und Gertrud, welche ich mir noch intensiver gewünscht hätte. Alles in allem ein gelungener Ostfriesland-Krimi, der von mir 4 von 5 Sternen erhält.