Ostfrieslandkrimi - düster und bewegend

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Im ostfriesischen Rheiderland hat er das Sagen – Tadeus de Vries, Großbauer, Altnazi, Kriegsverbrecher, der in seinem Leben über Leichen gegangen ist und auch vor seiner eigenen Familie nicht Halt gemacht hat, und so manchen in Not und Elend gestürzt hat. Als auf der Baustelle des umstrittenen Emssperrwerks seine Leiche auftaucht, ist die Liste der Mordverdächtigen sehr lang.
Diesem Fürst der Dunkelheit haben einige den Tod gewünscht. Stephan Möllenkamp, der neue Hauptkommissar der Kripo Leer, und sein Team stehen vor einer schwierigen Ermittlung. Ebenfalls an der Wahrheit interessiert ist Gertrud Boekhoff, Lokalreporterin des Rheiderländer Tagblatts. Sie ermittelt auf eigene Faust, was sie mehr als einmal in Schwierigkeiten bringt. Doch der Täter ist auf einer ganz anderen Seite zu suchen, ihm kommen die Ermittler relativ spät auf die Spur.

Heike van Horn hat einen Kriminalroman verfasst, der in ihrer Leerer Heimat spielt. Viele Personen, viel Lokalkolorit, eine gute Ausgangsidee für die Handlung. Dialoge in Plattdeutsch (im hinteren Teil des Buches findet man die Übersetzung).
Erzählt wird die Geschichte, die im Jahr 1999 spielt. Ergänzt durch einen zweiten Erzählstrang, der in Rückblenden das Schicksal der jungen Ostpreußin Marion und ihres bis dahin namenslosen kleinen Bruders erzählt.
Man ahnt als Leser bald den Zusammenhang zwischen diesen beiden zunächst separat erscheinenden Erzählungen.
Das Buch lässt sich sehr gut lesen, der wortgewandte Schreibstil hat mir durchaus gefallen, auch das Cover ist sehr gut gewählt.
Dennoch ist mir der Inhalt zum Teil zu viel gewesen. Das Ausholen weit in die Vergangenheit zurück – de Vries Zugehörigkeit zur SS, seine Gräueltaten während des Krieges (Schlächter von Den Haag), seine Verbrechen nach dem Krieg.
Die Figur Gottfried Schäfer wird als Sperrwerksgegner mit einschlägiger Vergangenheit präsentiert. Hier wird die Geschichte der damaligen Demonstrationen gegen die Startbahn West und der Tod von Minister Karry thematisiert. Genauso überflüssig sind die WG Erfahrungen von Meike Möllenkamp und ihrer damaligen Studienfreundinnen. Bewegend die Geschichte von Marion und ihrem Bruder, denen das Schicksal übel mitgespielt hat. Es hätte so manches Detail ihrer Flucht nicht bedurft. Stattdessen hätte ich am Ende gerne mehr über Gertrud und Gottfried erfahren.