Aller Neuanfang ist schwer

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marcello Avatar

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Wenn mich jemand nach einem Geheimtipp im Genre Liebesromane fragen würde, würde ich immer Julia Hanel nennen, da ich „Zwei fürs Leben“ und „Liebe, Zimt und Zucker“ als positive Überraschungen in den letzten Jahren empfunden habe. Ihre Liebesgeschichten sind nicht so schwermütig, wie es z. B. die Werke von Nicholas Sparks und anderen AutorInnen gerne sind, was ich aber auch gerne lese, sondern meist locker-leicht, mit einer Portion Humor versehen und in ihrer Einfachheit nachklingend. Die Autorin beweist wirklich, dass weniger oftmals mehr sein kann.

Mit diesen Vorschusslorbeeren im Kopf habe ich mich natürlich wahnsinnig über die Veröffentlichung von „Dein Bild für immer“ und die Ankündigung von „Herzklopfen nicht ausgeschlossen“ fürs nächste Jahr gefreut. Bei „Dein Bild für immer“ habe ich auch sofort wieder Hanels Stil wiedererkennen können und trotzdem ist bei ihr immer die Versicherung da, dass sie auf gleiche Art doch immer neu erzählt. In diesem Buch ist sicherlich eine besondere Stärke, dass die Handlung zum größten Teil auf Bali spielt und bei den Beschreibungen der örtlichen Begebenheiten und bei den Erlebnissen vor Ort, merkt man deutlich, dass die Autorin selbst schon einmal vor Ort war, weil man es authentischer echt nicht machen kann. Ich gehöre leider zu den Leserinnen, die nicht die größte Vorstellungskraft haben, daher bin ich immer den Erzählern dankbar, die dennoch Bilder bei mir im Kopf entstehen lassen. Zudem waren diese Momente zu Bali nie langatmig, da man sich in Beschreibungen von Orten ja durchaus schon mal verlieren kann, aber es war deutlich, dass nicht ausschließlich der visuelle Aspekt im Vordergrund war, sondern dass Bali mit allen Sinnen erfahren wurde, das hat sehr geholfen.

Dennoch hatte ich auch so meine Probleme in diesem Roman, da mir vor allem Protagonist Niklas viel Kopfzerbrechen bereitet hat. Grundsätzlich fand ich den Gedanken gut, dass er so kontrastreich zu Sophie, der Protagonistin war und auch zu ihrem verstorbenen Verlobten war, da er sie so herausfordern und ihr andere Seiten des Lebens offenbaren konnte. Dennoch hatte er auch etwas Rücksichtsloses, ihm fehlte oftmals die Empathie, so dass ich gerade am Anfang der Geschichte sehr besorgt war, wo es mit ihm noch hinführen soll. Denn leider macht man ja oft die Erfahrung, dass die Chemie zwischen einem beabsichtigten Liebespärchen nicht stimmt, weil man mit einer Figur einfach nichts anfangen und sich daher auf das Paar ebenso nicht einlassen kann. Zum Glück lässt Niklas immer mal wieder seine Stärken aufblitzen und gerade zum Ende des Romans hin gefällt er mir sehr gut, weil er dort ein eindeutiges Profil hat und in sich gereift wirkt, als ob er auch im Leben angekommen wäre. Dennoch muss ich insgesamt resultieren, dass er mir zu unbeständig war und dass es auch nicht ganz geschickt gewählt war, dass Niklas eigentlich nur derjenige ist, der Fehler macht.

Natürlich war Sophie jetzt ihm gegenüber nicht als Engel gezeichnet, da vor allem auch ihre eifersüchtigen Momente schwer zu ertragen waren, aber insgesamt war bei ihr einfach ein ganz anderer Fokus gelegt. Sophie wurde natürlich vor allem als Trauernde dargestellt, die sich von einem Lebensabschnitt verabschieden muss, um den Neuanfang wagen zu können. Dabei kommt auch zum Vorschein, dass sie sich selbst überhaupt erstmal finden muss. Den Anstoß zu allem gibt natürlich Niklas mit seiner Art und Weise und die Reise, die sie mit sich selbst durchlebt, war sehr mitreißend und hat eben so viel Zeit eingenommen, dass sie insgesamt eher wie die Liebe wirkt, während Niklas dann schon mal einen Teufelscharakter hat, weil er manche Fettnäpfchen nicht auslassen kann. Das Ende des Romans ist wirklich toll gemacht, da e schon fast auf eine spannende Art und Weise mitfiebern lässt, wie die beide sich wohl letztlich bekommen werden. Die gewählte Lösung hierfür ist genau richtig für gesamte Geschichte.

Fazit: „Dein Bild für immer“ mag in meinen Augen bisher der schwächste Roman von Julia Hanel sein, da es eben bei den Charakteren einige Schwächen gab und dennoch besteht am Ende eine Zufriedenheit, die beweist, dass die Autorin auf einem extrem hohen Level zu unterhalten vermag.