"Etwas in mir erinnert sich ..."

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annajo Avatar

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Das Buch "Denk an mich in der Nacht" beginnt mit der Beschreibung und Interpretation eines Bildes, wechselt dann im nächsten Kapitel in die Ich-Perspektive eines männlichen Erzählers in den 1940er Jahren, um im darauffolgenden Kapitel von der Malerin Alice zu erzählen. Als ich über den männlichen Ich-Erzähler stolperte, war ich irritiert, da ich vom Klappentext her zunächst annahm, es würde sich um eine Frau handeln.

Die verschiedenen Stränge der Geschichte kommen an Rosemarys Grab zusammen. Der männliche Erzähler rettet Rosemary im Jahr 1947 aus den Fluten des Flusses Cam in Cambridge und ist überzeugt, dass damit das Unglück begann. Dann berichtet er von der Beerdigung Rosemarys. Jahrzehnte später findet sich Alice an diesem Grab wieder. Genau an dem Tag, an dem sie ihrer verflossenen Liebe Joe mit einem Mädchen begegnet. Dann wiederum wechselt die Perspektive und der männliche Erzähler berichtet von seinem Besuch an Rosemarys Grab und an dem seines Freundes, der sich das Leben nahm. Dabei spürt er Rosemarys Gegenwart und die Worte der Inschrift ihres Grabes "Etwas in mir erinnert sich..." kommen ihm wie Hohn vor. Er empfindet die Zeilen an sich gerichtet. Sie sollen ihn wissen lassen, das Rosemary nicht tot ist.

Neben zu viel Schicksalsglauben und dunklen Vorahnungen auf allen Seiten sowie einer relativ platten und erzwungenen Parallele zwischen den Charaktere - die präraffaelitische Kunst - gelingt es der Autorin jedoch gut, mir eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen. Ich kann fast spüren, wie sich der Erzähler auf dem Friedhof nach allen Seiten umdreht und ich hielt die Luft an, als er erwartete, Rosemary  dort zu sehen. Auch die direkte Anrede des Lesers trägt zu diesem Effekt bei. Die Zeitsprünge scheinen zum einen Auszüge aus dem Tagebuch zu sein, das Alice laut Klappentext finden wird, und bewegen sich andererseits in der Gegenwart in Alices Leben. Das war am Anfang etwas verwirrend, doch schon in der Leseprobe wurde die Bedeutung klar und die Verwirrung aufgelöst. Noch war nichts von den angedrohten Vampiren zu sehen, doch der Gruseleffekt war auf jeden Fall da. Und auch wenn mir die Protagonistin Alice ziemlich verzweifelt vorkommt und in ihrer Art noch unsympathisch ist, bin ich doch gespannt darauf, wie die Geschichte weitergeht.