Nach schlepptendem Anfang gelungene Lesprobe

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waldeule Avatar

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Zugegegeen, die ersten Seiten der Leseprobe konnten mich überhaupt nicht überzeugen. Eine Bildbeschreibung als Einleitung, ein Shakespeare-Zitat und ein undurchsichtiger, psychologisierender Prolog über einen eingesperrten Kreiselzug, dazu auch noch als erste Szene eine Beerdigung - da hätte ich die Lektüre fast schon endgültig abgebrochen. Nur die positiven Eindrücke meiner Vorschreiber haben mich dann doch überzeugt, dem Textausschnitt eine zweite Chance zu geben und siehe da - ich hätte eine gelungene Leseprobe verpasst, hätte ich wirklich aufgehört.

Die Geschichte wurde immer besser, je länger ich las. Allmählich kristalliesierten sich zwei Erzählstränge heraus - die Tagebucheinträge eines jungen Mannes aus der Vergangenheit sowie das Leben der Malerin Alice in der Gegenwart. Verbunden werden diese beiden Geschichten momentan durch ein geheimnissvolles Grab, über das Alice zufällig stolpert. Die Geschichte gewinnt an Kontur, sie wird spannend und macht zunehmend Lust, weiterzulesen. Ich fand das Buch sehr angenehm zu lesen, die Worte haben mich durch die Geschichte hindurchgetragen und die Szenen entstanden sehr detailliert vor meinem inneren Auge.

Besonders toll fand ich die Atmosphäre, die Joanne Harris schuff. Auf der einen Seite das romantisch-verträumte malerische Cambridge mit seinen Türmen, Backsteinmauern und Kopfsteinpflastern, auf der anderen Seite eine leicht bedrohliche, düstere Nuance, die kommendes Unheil andeutet. 

Als besonderes Schmankerl empfand ich die vielen Querverweise auf Malerei und Literatur, die Lust aufs Nachrecherchieren wecken und für mich ein kleines, aber feines Detail sind.

Fazit: Tolle Atmosphäre, geheimnisvolle Geschichte - macht auf alle Fälle Lust aufs Weiterlesen!