Denk an mich

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mowala Avatar

Von

Denk an mich in der Nacht – Joanne Harris

Vampire mal anders

 

Die Geschichte wird durch zwei  Handlungsstränge erzählt, die praktischerweise jeweils mit “eins” und “zwei” überschrieben sind. So dass der Leser nie den Überblick verliert.

„Eins“ wird von Daniel, einem jungen Studenten in Cambridge kurz nach dem 2. Weltkrieg, erzählt.

Er rettet eine junge Frau vor dem Ertrinken und verfällt von einer zunächst romantischen Liebe in eine immer verzweifelteren Leidenschaft zu ihr und gerät immer mehr in Rosemarys Bann.

Als er erkennt, dass ihre mitleiderregende Lebensgeschichte nur ein Mittel war, ihn uns auch später seinen besten Freund Robert für sich einzunehmen, versucht er alles um Rosemary zu entkommen  und zu vernichten.

„Zwei“ erzählt viele Jahre später in der dritten Person von Alice, einer sich zurzeit in einer Schaffenskrise befindlichen Künstlerin, die noch immer unter ihrer Trennung von Joe, ihrer großen Liebe leidet.

Bei einem Spaziergang über einen alten Friedhof findet sie das Grab  einer Rosemary mit einer geheimnisvoll anmutenden Inschrift.

Sie trifft auf Joe mit seiner neuen Freundin. Er bittet Alice, Ginny für ein paar Tage aufzunehmen. Ginny verwandelt sich vor Alice in kürzester Zeit vom schüchternen Mäuschen ohne einen Menschen auf der Welt in eine ziemlich abgefahrene Rockerbraut mit seltsamen Freunden, die versuchen Alice in ihren Bann zu ziehen.

Alice findet Daniels Tagebuch und beginnt nachzuforschen.

So nimmt die neue alte Geschichte ihren Lauf.

 

Meine Rezension

 

Denk an mich in der Nacht hat mich von den ersten Seiten an gefesselt. Die Verknüpfung der beiden Handlungsstränge durch Kleinigkeiten hat mir sehr gefallen.

Die Figur des Daniels und seine Qual trotz besseren Wissens Entschuldigungen und plausible Erklärungen für Rosemarys Verhalten und Taten zu finden ist sehr intensiv beschreiben.

Seine Gefühlswelt wird dem Leser sehr nah gebracht.

Daniels Zwiespalt als „Erwählter“ zwischen Faszination und Begehren sowie Abgestoßen-Sein und Loyalität seinem Freund gegenüber wird gut rübergebracht und erweckt das Mitgefühl des Lesers.

Dass ich beim Lesen seiner Person näher gekommen bin als der von Alice mag daran liegen, dass seine Erzählung viel mehr Raum im Buch einnimmt oder daran, dass man Daniel Gedanken- und Gefühlswelt durch die Ich-Erzählform näher kommt als der in der dritten Person, sozusagen von außen, geschilderten Alice.

Die befindet sich zwar auch in der Rolle der „Erwählten“ und unterliegt einem gewissen Bann von Ginny, doch wird ihr der Kampf etwas dadurch erleichtert, dass sie nicht wie Daniel durch romantische Beschützergefühle behindert wird, sonder eher schlicht durch Eifersucht beflügelt.

Ob das ihren Kampf schlussendlich erfolgreicher enden lässt, muss sich nun jeder selbst „erlesen“, es wäre ja nicht nett von mir, das Ende vorweg zu nehmen.

 

Dass dieses Erstlingswerk von Joanne Harris jetzt erst in der Übersetzung auf den Markt gekommen ist, hat sicher mit dem derzeitigen Vampir-Hype zu tun, da möchte ja jeder noch was abbekommen.

Inmitten all der romantischen Was – sind - Vampire – doch - für – nette – Leute – Romane, die den Buchmarkt  geradezu , bildet „Denk an mich in der Nacht“ auf jeden Fall eine willkommende Abwechslung, die das romantische Vampirbild in eine etwas andere Richtung rücken.

Wobei mir bei der Schilderung von Rosemary/Ginny und ihren Begleitern durch die Zeit nicht gerade Vampir eingefallen wäre und auch Joanne Harris nicht wirklich den Begriff Vampir erwähnt, aber irgendeinen Namen muss das Böse in der Welt ja bekommen.