Verwirr-Spiele

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lightdancer Avatar

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Dieses Buch hat nun doch um einiges länger gedauert zu lesen, als ich je geahnt hätte. Am Anfang war ich verwirrt… verwirrt über die Eindrücke, die einem auf einem Tablett serviert wurden ohne zu erklären, wer mit wem und wann lebte. Verwirrt darüber, weil – wie ich anfangs dachte – drei Handlungsstränge erzählt werden. Die vielen Namen verwirrten mich und den Ich-Erzähler, der sich später als Daniel herausstellte, hielt ich für jemanden ganz anderen. Nach knapp 70 Seiten war ich nahe daran das Buch abzubrechen. Ich konnte einfach nicht mehr, hab es dann tagelang nicht mal mehr in die Hand genommen. Irgendwie schien es aber nach mir zu rufen, also griff ich doch wieder danach und quälte mich Seite um Seite weiter. Irgendwann wendete sich das Blatt – ich war gefangen. Offenbar war doch mehr dahinter als man vermutet. Rosemary griff sich auch meine Seele, spielte damit, machte mich verrückt und servierte mir häppchenweise ihre Geschichte.
Ich fieberte mit Alice, suchte nach Verbindungen zu Turner, zu Joe, zu Daniel, zu Ginny und zu all den anderen Protagonisten. Endlich, so hatte ich das Gefühl, wurde das Buch, nein, die Geschichte klarer. Aber sobald man glaubt ein klares Bild zu sehen, zieht die Autorin alles wieder zurück und verwirrt einen erneut. Alice sieht nicht mehr nur ihre Welt, sie gleitet offenbar zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Auch Joe wird damit verwirrt, ebenso wie der Leser, der nun nicht mehr weiß, ist Joe Daniel? Und wer ist Alice? Und im Grunde ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende, denn, wie der Titel schon andeutet, solange sich jemand an Rosemary erinnert, lebt sie ewig!

Vampire werden nicht namentlich genannt und im Grunde erfährt man so gut wie gar nichts über sie oder ihr Macht, denn sie zeigen sich ebenso sterblich wie ein Mensch, auch wenn sie “zurückgerufen” werden können, wie ein Wiedergänger, wie ein Zombie, nur dass sie nicht willenlos sind. Zumindest nicht in ihren Aktionen. Leider werden auch so einige Handlungen nicht erklärt. Was passierte mit Alice in diesem alten Gebäude, als sie mal den Jahrmarkt sieht, dann wieder die Realität? War das die Magie von Rosemary, die wie erstarrt stand und Joe nicht einmal bemerkte? Und wieso hatte offenbar nur Rosemary diese Macht? In welcher Verbindung stehen Daniel und Joe zueinander? Zumindest Joe hatte noch nie von Daniel gehört… ein Geist, der sich Joe gezeigt hatte, der ihn offenbar teilweise gelenkt hatte?
Das Gedanken Energien sind, die man lenken kann, die etwas in Bewegung bringen können, ist mir durchaus bekannt, klar und nichts, worüber ich mich wundere. Dennoch soll diese Form von Energie so stark sein, dass man Tote auferweckt? Das Rosemary wiederkommt, um weiter zu herrschen? Diese Ungewissheit nutzt Joanne Harris aus… und spinnt im Grunde eine fantastische Geschichte. Nur der Ausdruck, den hätte ich mir klarer gewünscht. Das verwirrende Spiel hatte ich bald über und leider endet ja auch die Story verwirrend.

Fazit: Wer Stephen King kennt, wird dieses Buch niemals als Horror empfinden. Wer verwirrende Spielchen in Geschichten mag, wird diesen Roman mögen. Ich für meinen Teil, werde das Buch aber sicherlich kein zweites Mal lesen.