Ein Mord macht noch keinen Thriller!

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igela Avatar

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Rachel wächst ohne Vater auf. Dieser verlässt die Familie, als Rachel drei Jahre alt ist. Als Jugendliche möchte sie ihn kennen lernen, die Mutter verweigert jede Auskunft. Nach einem Arbeitseinsatz in Haiti, der Rachel sehr geprägt hat, leidet sie unter Panikattacken und hat Probleme ihr Leben auf die Reihe zu kriegen. Erst als sie Brian kennenlernt, kehrt so was wie Stabilität und Ruhe ein. Eines Tages erschiesst Rachel ihren Mann.

Das Buch beginnt mit dem Schluss. Rachel erschiesst ihren Mann Brian. Und da war meine Neugier auch schon geweckt. Weshalb erschiesst eine scheinbar glückliche Ehefrau ihren Mann? Doch es brauchte eine grosse Portion Geduld um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Denn erst mal springt die Story zurück ins 1977. Rachels Vergangenheit, ihre Beziehung zu der gefühlskalten Mutter, die ihrer Tochter den Namen des Vaters vorenthält. Rachels Suche nach dem Vater und ihren Einsatz als Reporterin im mit Cholera, Erdbeben und Krisen geschüttelten Haiti. Dieser Teil enthält viele berührende Szenen. Da ist erst mal der Vater, den Rachel meint gefunden zu haben. Die Gefühle, die sie ihm entgegen bringt und die nur bedingt Anklang finden. Dann die Arbeit auf Haiti. Der Hurrikan, die Cholera, die wütet…sehr authentisch und bedrückend beschrieben.
Mich hat der Schreibstil begeistert. Zwar eher nüchtern, doch durch kurze und prägnante Sätze wunderbar zu lesen. Ohne viele und überflüssige Worte zu verlieren, kommt der Autor auf den Punkt. Perspektivwechsel gibt es keine. Daher ist die Geschichte, in der immer Rachel im Mittelpunkt steht, gradlinig und klar. Was dadurch langweilig sein könnte, hat der Autor durch viele Ereignisse in Rachels Leben wett gemacht. Zwar habe ich nicht so wirklich verstanden, weshalb, und das im Hinblick auf den Verlauf der Geschichte, Rachels Suche nach ihrem Vater, so viel Gewicht beigemessen wurde. Denn so wie es sich zum Schluss dargestellt hat, war das nur zwecks Verständnis für die Figur Rachel und ihre späteren Angststörungen. Und deshalb empfand ich, gerade diesen Aspekt, als zu viel Raum einnehmend.
Lange Zeit ist man ahnungslos, wie sich die Story entwickelt und in welche Richtung sie geht. Der "Einführungsteil" in die Figur Rachel und ihrer Vergangenheit war mir zu sehr in die Länge gezogen. Die Spannung, die nach dem Mord auf den ersten Seiten sehr schnell aufgebaut wurde, verpufft im Nichts…um dann Mitte Buch wieder in Fahrt zu kommen. Paranoia oder Misstrauen ziehen ein und man fühlt mit Rachel mit, deren Leben plötzlich komplett aus den Fugen gerät.
Im Grossen und Ganzen habe ich mich mit diesem Spannungsroman gut unterhalten. Ein Thriller ist es leider ganz und gar nicht, dafür enthielt die Geschichte zuviele Familien und/oder Eheprobleme und zu wenig psychologische Spielchen oder Gänsehaut. Oder anders gesagt : Ein Mord macht noch lange keinen Thriller!