Spannend - ein echter Pageturner

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barbarasbuecherbox Avatar

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Rachel Childs leidet unter Panikattacken - es fehlt ihr an Halt in der Welt. Ihre Mutter: kalt und gefühllos. Ihr Vater: unbekannt. Ihr Ehemann: von ihrer beider Karrieren besessen.
Und als Rachels Karriere scheitert, passiert dasselbe mit ihrer Ehe. Sie ist allein, hat keine Freunde und verlässt kaum mehr das Haus.
Doch dann trifft sie wieder auf Brian Delacroix. Brian, der sie immer wieder über Jahre hinweg mit kurzen Nachrichten aufgebaut hat, während die Welt sich über ihr Scheitern als Journalistin lustig gemacht hat. Brian, der der einzig wirklich gute Mensch auf dieser Welt zu sein scheint und der sie nie, auch nicht, als er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, ausgenutzt hat.
Doch ist Brian wirklich so perfekt, wie er es zu sein scheint?

Die Geschichte beginnt als Roman. Wir verfolgen Rachels Suche nach ihrem Vater, nach dem Sinn ihres Daseins und erleben, woran ihre Karriere zerbrochen ist. Wir begleiten sie immer wieder durch ihre Panikattacken - man fühlt mit ihr, dank oder wegen der stilistisch herausragenden Schreibe des Autors. Trotz der Schwäche und Unzulänglichkeiten, die der Leser von Rachel erfährt, schließt er sie ins Herz, sie wirkte für mich wie ein echter, fassbarer Mensch. Unsere Protagonistin leidet stark unter den Panikattacken und nach wie vor bin ich mir nicht wirklich sicher, woher sie eigentlich rühren.
Fühlte sich Rachel so einsam - so ohne Vater und mit einer Mutter, die sich weigerte, etwas von ihm preis zu geben?
Oder war dies nur einer von vielen Gründen und vor allem die schrecklichen Ereignisse während der Naturkatastrophen auf Haiti eigentlicher Schuldiger?
Ganz genau erfahren wir das nicht. Aber man muss als Leser ja nicht immer alles erfahren.

Und wenn auch nicht das das Problem war, weshalb der Roman nur 3,5 bis 4 Sterne von mir erhalten hat, so doch teilweise einer davon, denn Lehane verbringt sehr viel Zeit damit, mir - bzw. seinem Leser - die Vergangenheit von Rachel zu beschreiben, vor allem ihre Suche nach ihrem Vater - und scheint später ein wenig vergessen zu haben, diese anfangs so wichtige Frage mit ausreichender Dramatik zu beantworten.

Lehane webt sehr viele Fäden - man erwartet viele Twists - bekommt auch einige davon! - jedoch nicht genug, um all seine Spuren, die er dem findigen Leser legt, zu rechtfertigen. Gegen Ende des Romans befinden wir uns nicht mehr vorrangig in der Gefühlswelt von Rachel, in der wir doch zuvor so viel Zeit verbracht haben, sondern in einer wilden und, zugegebenermaßen, äußerst spannenden Jagd, sowohl als Jäger, als auch Gejagte. Doch auch, wenn die Spannung gegen Ende vom Autor hoch gejagt wird, bleibt am Ende des Buche sein leicht schaler Nachgeschmack zurück, wenn man sich fragt, weshalb man am Anfang so viel Zeit in Rachels Kopf verbrachte.

Trotzdem, und das soll gesagt sein: spannend ist das Buch, von Anfang bis Ende. Es ist einer der besseren Thriller, die ich in den letzten Jahren gelesen habe.