Blutiger Kleinkrieg

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sursulapitschi Avatar

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Ich habe mit großer Begeisterung „Nordwasser“ gelesen und war mir sicher, mit diesem Buch ein weiteres Highlight zu erwischen. Ich habe mich geirrt.
Es ist wirklich erstaunlich, wie man ein spannendes und ungewöhnliches Thema so klein halten kann.

Ich hatte noch nie von „Fenians“ gehört, einer irischen Untergrundbewegung, die sich Mitte des 19. Jahrhunderts durch Terror- und Sabotageakte gegen die englische Vorherrschaft auflehnte. Hier sind wir live dabei, 1867 in Manchester, nur ist es erst einmal gar nicht so einfach, sich einzuleben.

Unser Held ist Constable James O´Connor, der aus traurigen Gründen von Dublin nach Manchester versetzt wurde, um der dortigen Polizei zu helfen, Rebellen aufzuspüren. Also: Ein Ire, der für die Engländer Iren jagt und ein Netz aus irischen Spionen dazu einspannt.
Die Rebellen wiederum bekommen Unterstützung von Übersee. Stephen Doyle, Sohn irischer Auswanderer, kommt aus Amerika und soll den Fenians das Kämpfen beibringen. Also: Ein amerikanischer Ire, der in England für Irland kämpft und polizeilich gesucht wird, bevor er überhaupt etwas getan hat.
Die Situation ist verzwickt und man ringt mit dem Überblick, weil man sich mit lauter Ausnahmen beschäftigt, bevor man das Thema verstanden hat.

Ist das geklärt, wird es zwar leichter, aber nicht spannender. Ein größeres Intrigennetz durchzieht ganz Manchester. Wer ist Freund und wer Feind? Wer soll sich noch auskennen, wenn alle Iren entweder für die eine oder andere Seite spionieren, manchmal auch für beide und wen interessiert das? Ich hätte viel lieber etwas über die Gesamtsituation erfahren, als den Ganovenkrieg in Manchester im Detail zu verfolgen, der sich zum Ende hin auch noch zur Privatfehde zweier Männer entwickelt.

Auch sprachlich kommt dieses Buch nicht an „Nordwasser“ heran. Ian McGuire kann meisterhaft Ambiente beschreiben und Atmosphäre schaffen, nur kommt das hier nicht so sehr zum Tragen. Dieses Buch ist dialoglastig und die Dialoge recht einfach. Harte Kerle unterhalten sich, das ist kein literarischer Hochgenuss.

Ich bin sehr enttäuscht von diesem Buch. Was ein interessantes Stück Geschichte hätte sein können ist hier eher ein blutiger Kleinkrieg.
Schade.