Gemischte Gefühle...

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fräuleinsalander Avatar

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Um seine Vergangenheit in Irland hinter sich zu lassen, geht James O’Connor nach England, wo er für die englische Polizei arbeitet. Als Ire in England bleibt er immer ein Außenseiter, auch da er als trockener Alkoholiker keinen Alkohol mehr anrührt. Als er einem Komplott auf die Spur kommt, das irische Separatisten in England schmieden, gerät seine Welt, die er mühsam geordnet hat, aus den Fugen.

Der Roman ist gut geschrieben, die Welt des 19. Jahrhunderts wird anschaulich beschrieben, auch was zum Beispiel die Gerüche angeht, so dass man sich die Szenen gut vorstellen kann. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz, so dass man sich gut in das Buch vertiefen kann. An dieser Stelle sei angemerkt, dass mein Exemplar des Romans noch nicht komplett lektoriert war. Ich kann daher nicht sagen, ob sich bis zur Veröffentlichung des Romans noch Wesentliches geändert hat, was die Sprache angeht.

Die Geschichte selbst, auch die Gegenüberstellung von O’Connor und Stephen Doyle hat mich leider nicht komplett überzeugt. Mir kam es vor, als hätte der Autor einen Abschnitt des Lebens von O‘Connor ausgesucht und beschrieben, aber mir ist nach der Lektüre des Romans nicht klar, warum er sich genau auf diesen Abschnitt konzentriert hat. Mir ging es teilweise auch beim Lesen so, dass ich mich gefragt habe, worum genau es bei der Geschichte geht und wohin sie wohl führen könnte.

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Roman keine spannenden Elemente hatte, gerade wenn verschiedene Fäden der Geschichte zusammenliefen, war es spannend und es ist dem Autor auch gelungen, den Begegnungen von unterschiedlichen Charakteren eine unerwartete Wendung zu geben. Obwohl mich die Geschichte nicht ganz überzeugt hat, war ich neugierig, wie diese nicht einschätzbare Geschichte wohl enden würde. Ich muss sagen, dass ich das Ende ganz gelungen finde. Es öffnet sogar die Tür zu einer neuen Geschichte.

Mir haben außerdem beim Lesen etwas die historischen Hintergründe gefehlt, um den Roman zu unterfüttern, zum Beispiel über die irischen Rebellen in England oder über die Lebensumstände, die die Iren dazu gebracht haben, ihr Land zu verlassen um in England, wo ihnen viele Leute eher feindlich gesinnt waren, ihr Glück zu suchen. Es ist nicht so, dass darauf im Roman gar nicht eingegangen wird, aber diese Themen werden lediglich gestreift. Auch die Charaktere im Roman fand ich nicht wirklich greifbar, trotz der teilweisen Beschreibung ihrer Hintergründe und Motivationen, war ich weder für noch gegen sie eingenommen, denn ihr Wesen bliebt immer ein bisschen an der Oberfläche. Der plötzliche Rückfall von O‘Connor in alte Gewohnheiten in seinen Einzelheiten war für mich nicht nachvollziehbar und wirkte auf mich eher konstruiert, um für einen Wendepunkt in der Geschichte zu sorgen.

Ich würde sagen, wer sich bei diesem Buch auf einen Krimi im herkömmlichen Sinne oder auf einen historischen Roman mit Substanz freut, wird vielleicht enttäuscht sein, wer nicht in solchen Kategorien denkt und keine bestimmte Erwartungshaltung hat, kann einen durchaus spannenden und „lesbaren“ Roman entdecken.