Machtkämpfe und Verrat

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caro.booklover Avatar

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Ian McGuire wirft mit diesem Roman einen Blick in die britische Gesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts. Irische Auswanderer leben in England, weil es in ihrem Land keine guten Bedingungen gibt oder sie vor etwas auf der Flucht sind. Doch längst nicht alle sind zufrieden mit diesem Leben und wünschen sich die Unabhängigkeit Irlands. Eine wachsende Gruppe rebellischer Iren, die sich "Fenians" nennen, planen Anschläge und Attentate und sind in diversen Städten Englands aktiv. Grundsätzlich hätte dieses Thema viel Potential geboten. Die tatsächlichen Lebensverhältnisse muss man sich selbst zusammenreimen. Sowohl die Arbeit der Polizei als auch die Aktivitäten der Rebellen selbst werden letztlich über die gesamte Geschichte hinweg nur angerissen und erscheinen mir nach der Lektüre als nicht zu Ende erzählt. Es fehlt an Details, es fehlt schlichtweg an zu Ende erzählten Episoden. Die Lebensumstände, Sorgen und Wünsche der Protagonisten werden nicht ausreichend transportiert. Zu viele verschiedene Schauplätze und Akteure spielen eine Rolle, als das sich ein dichtes Bild dieser explosiven Situation in einer Stadt wie Manchester ergeben könnte. Das ist sehr schade. Ich hatte sehr gehofft, dass der Autor das mit einem fulminanten Ende wieder wett machen könnte. Diese Erwartung und Hoffnung wurde leider enttäuscht. Für mich ist nicht so ganz nachvollziehbar, wohin der Autor uns mit dieser Geschichte führen wollte, aber die letzten Kapitel nehmen auch die letzte Luft aus der relativ kleinen Spannungsblase dieses Romans. Alles vorher Erzählte verpufft und ich fragte mich wirklich, was genau nun eigentlich die Botschaft ist. Wahrscheinlich hatte ich mir einen etwas mehr zeitgeschichtlich erzählenden Roman gewünscht, was dieses Buch nicht wirklich erfüllen kann. So wie schon "Nordwasser" kommt auch dieses Buch fast ausschließlich mit männlichen Akteuren aus. Wenige Frauen spielen unbedeutende Nebenrollen - was mich persönlich im Gesamtkontext nicht stört, aber für manche Leser*innen vielleicht doch ein Ausschlusskriterium bei der Bücherwahl darstellt.
Fazit:
Aufgrund der schönen (und teils auch derben) Sprache gibt es noch drei Sterne. Die Geschichte selbst konnte mich nicht überzeugen, keine Spannung, viele Lücken in Kombination mit fehlender Geschichte zwischen den Zeilen. Sehr schade!