3,5* Wie manche TV-Show: unterhaltsam, aber ein bisschen oberflächlich...

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*Label: Garantiert spoilerfrei!*

~ Der Roman ist so, wie manche Sendungen, die in der Fernsehbranche produziert werden: schon unterhaltsam, aber auch ein bisschen oberflächlich. ~

Inhalt

Als der Geldkoffer mit der Million Preisgeld aus dem Chefbüro der Produktionsfirma „MasterTV Österreich“ gestohlen wird, fehlt das Geld für ein Kandidaten-Casting für die neue Show „Ameisenhaufen“. Die Chefetage beschließt daher, die Produktionsmitarbeiter als Kandidaten zu verwenden. Somit müssen diejenigen, die sich die Show ausgedacht haben, ihre eigenen demütigenden Aufgaben lösen…


Informationen

Erzählstil: Personaler/ auktorialer Erzähler, Präsens;
Perspektive: verschiedene Perspektiven (männl. und weibl.), Jonas, Sami, Josepha
Kapitellänge: sehr kurz (manchmal nur eine Seite)


Meine Meinung

Ich hatte mich so auf dieses Buch gefreut, weil ich wissen wollte, wie und was Frau Russwurm schreibt. Auch wenn das vorliegende sicher kein schlechtes Buch ist, hätte ich mehr erwartet und war schlussendlich dennoch enttäuscht.

Schreibstil

Der Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen. Immer wieder klingt leiser Humor zwischen den Zeilen durch, was ich sehr mochte. Zwei Mankos hatte jedoch der Schreibstil für mich: Erstens kommen Gefühle nicht wirklich gut herüber. Zweitens scheint er durch diese Locker- und Leichtigkeit bisweilen etwas oberflächlich, und das war auch tatsächlich ein Problem, das ich mit diesem Buch hatte.


Über die Damen vom Kostüm: „Ihre Anmut, ihre grazile Geschäftigkeit, ihr betörendes Parfum wirken auf die Arbeitshandschuhe des Licht-Departments wie etwas wunderbar Zartes, Begehrenswertes, etwas, das in immer neuer Form geliebt werden kann.“ Seite 48


Personen

Die Personen sind gut ausgearbeitet und haben alle ihre Vergangenheit und ihre großen und kleinen Probleme. Irgendwie ist es mir aber nicht gelungen, wirklich mit ihnen mitzufiebern und zu ihnen eine Bindung aufzubauen. Ich denke, dass das zum Teil einfach am zu oberflächlichen Schreibstil liegt, der z.B. bei Gefühlen nicht so sehr ins Detail geht.

Gut gefallen hat mir hier, dass es in diesem Buch keine Bösewichte und Gutmenschen gibt. Vielmehr leben die Figuren dieses Buches in den Graubereichen dazwischen. Menschen mit gutem Herzen lügen aus verschiedenen Gründen, ebenso leiden unsympathische Zeitgenossen unter Trennungen.

Idee und Themen

Von der Idee zu diesem Buch habe ich mir viel versprochen. Der Klappentext hörte sich einfach so gut an. Leider wurden meine Erwartungen zum Teil enttäuscht. So spannend, wie ich mir das Buch vorgestellt habe, war es leider nicht – auch wenn bei der Suche nach dem Gelddieb das letzte Drittel des Romans fast krimiähnliche Eigenschaften aufweist. Die Show ist nicht einmal halb so aufregend und spannend wie ich mir das gewünscht hätte. Dazu nimmt sie auch nur einen sehr kleinen Teil im Buch ein, wird regelrecht stiefmütterlich behandelt. Aber irgendwie kann ich das auch verstehen, gibt doch das Konzept nicht so viel her, wie zuerst erhofft. Die anderen Seiten sind gefüllt mit den Intrigen, Problemen, Träumen und Freuden der „MasterTV Österreich“-Mitarbeiter. Das ist nicht unbedingt negativ, nur hätte ich etwas anderes erwartet.

Was der Autorin aber meiner Meinung nach vorzüglich gelingt, ist, ein Bild davon zu zeichnen, wie es oft hinter den Kulissen des TV-Geschäfts zugeht. Man lernt die verschiedenen an der Produktion einer Sendung beteiligten Mitarbeiter kennen, ihre Macken, ihre Umgangsweisen miteinander, ihre Hoffnungen und ebenso ihre Probleme. Interessant ist, dass es in diesem Roman kaum jemanden gibt, der mit seinem Job zufrieden ist. Die meisten sind irgendwann in die Branche „hineingerutscht“ und kommen nicht mehr so richtig davon los. Meiner Meinung nach schwingt also schon ein bisschen ein pessimistischer Grundton mit, auch wenn, oberflächlich betrachtet, die Geschichte leicht und kurzweilig ist. Ob die Autorin und Talkshow-Masterin ihren Arbeitsplatz tatsächlich so wahrnimmt, und wie viel davon sie erfunden hat, wird man als Leser/in wohl nie erfahren.

Humor und Dialoge

Der Humor, oft subtil und typisch österreichisch (auch ein paar Sätze im Dialekt werden eingestreut, was ich toll finde), hat mir gut gefallen. Auch die Dialoge fand ich prinzipiell gelungen. Nur manchmal schienen sie etwas übertrieben, als hätte die Autorin den „Dialoge-Zug“ kurz entgleisen lassen. Das hat mir dann nicht so gut gefallen.

Spannung

Ich hätte mir etwas mehr Spannung gewünscht, aber auch so habe ich nie daran gedacht, abzubrechen. Es bleibt immer eine gewisse Neugier vorhanden, und ich glaube, es liegt hauptsächlich am lockeren Schreibstil, der sich so schnell und leicht lesen lässt, dass man gerne dranbleibt. Die eine oder andere unerwartete Wendung gibt es ebenfalls.


Mein Fazit

Ein in flüssigem Schreibstil verfasster Roman, der einen interessanten Einblick gibt, wie es hinter den Kulissen bei der Produktion von Sendungen zugehen kann. Der Humor und auch die gut ausgearbeiteten Personen konnten mich überzeugen, leider fehlte es mir jedoch an Spannung und Tiefgang.

Kurz: Der Roman ist so, wie manche TV-Show: schon unterhaltsam, aber auch ein bisschen oberflächlich.

Meine Empfehlung: Für alle, die wissen wollen wie es wirklich hinter den Kulissen zugeht und die sich für kleine Charakterstudien, die Hoffnungen, Probleme und Intrigen der Mitarbeiter begeistern können.


Bewertung:

Idee: 4 Sterne
Ausführung: 3,5 Sterne
Schreibstil: 4 Sterne
Personen: 3,5 Sterne
Spannung: 3 Sterne
Dialoge: 3,5 Sterne
Humor: 4 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀,5

Dieses Buch erhält von mir 3,5 Sterne!