Das Schicksal einer Familie- grandios und einfühlsam erzählt

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lilly94 Avatar

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"Entschuldigung- ist dieses Buch von DEM Christian Berkel? -
Diese Frage wurde mir im Zug gestellt und verdeutlicht, dass Literatur nicht gerade mit eben jenem Christian Berkel in Verbindung gebracht wird -bis jetzt.

In dem Roman "Der Apfelbaum" verarbeitet der Autor die Geschichte seiner Familie, insbesondere seiner Eltern. Mit Unterstützung von seiner mittlerweile dementen Mutter Sala begibt er sich auf die Spuren der (jüdischen) Vergangenheit und zaubert mit ein paar literarischen Freiheiten ein grandioses Werk über die Kraft der Liebe, die Grausamkeit des Krieges und über die Suche nach sich selbst.

Sala und Otto verlieben sich schon bei ihrer ersten Begegnung in jungen Jahren. Leider steht der zweite Weltkrieg kurz bevor und Sala muss aufgrund ihrer jüdischen Abstammung fliehen. Derweil geht Otto seiner Berufung nach und begleitet als Lazarettarzt die Soldaten in den Krieg und landet nach dem Krieg in Kriegsgefangenschaft in Russland. Der Leser wird nun Zeuge von zwei völlig unterschiedlichen Leidenswegen und wie die beiden immer wieder einen Weg zueinander finden

Christian Berkel wechselt innerhalb des Buches oft die Perspektiven und springt in der Zeit. Zum Einen dürfen wir auch die Geschichte von Salas Eltern erleben und zum Anderen begleiten wir das literarische Ich auf der Suche nach seiner Identität. Als Leser können diese abrupten Sprünge zunächst etwas verwirrend sein und man braucht einen Moment um zu realisieren in welcher "Geschichte" man sich gerade befindet, aber meinen Lesefluss hat dies keineswegs gestört.

Warum bin ich so hellauf begeistert von diesem Buch? Christian Berkel scheint eine Gabe zu haben, komplizierte Sachverhalte bildlich wunderschön darzustellen. Mit seiner Meinung zur Vergangenheit Deutschlands hat er für mich den Nagel auf den Kopf getroffen und dies traumhaft in Worte gefasst. Mir sind aufgrund der grauenhaften Lebensstationen von Sala und Otto oft die Tränen gekommen und ich bewundere die Beiden für ihre Kraft, immer wieder aufzustehen und sich von dem Krieg nicht zerstören zu lassen.
Mir war zwar von Beginn des Buches an bewusst, dass es sich um einen fiktiven Roman handelt, aber ich bin mir sicher, dass es sich auch genau so hätte abspielen können, die Protagonisten und ihr Handeln sind alle unglaublich realistisch und menschlich dargestellt.

Ich empfehle diesen grandiosen Roman jedem, der nicht vor ein wenig anspruchsvollerer Literatur scheut und der gerne in die Schicksale einer einzelnen Familie eintaucht. Von mir aus darf Christian Berkel statt den Kriminalisten zu verkörpern gerne weiter Bücher schreiben, mit mir hat er einen Fan dazu gewonnen! Ich habe keinerlei Kritik!