Ein bißchen Jüdisch

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sommerlese Avatar

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Christian Berkel hat sich als Schauspieler einen Namen gemacht, weil ihn seine Familiengeschichte jedoch nicht losgelassen hat, versuchte er, sich ihr schreibend zu nähern. Wie er das Leben seiner teilweise jüdischen Vorfahren über drei Generationen in Zeiten des Nationalsozialismus schildert und mit Inhalten ausschmückt, ist nicht nur berührend zu lesen, es zeigt auch ein authentisches Bild dieser schicksalsträchtigen Zeit.


Mit großem Einfühlungsvermögen, sprachgewandt und mit einigem Berliner Dialekt versehen, erzählt Christian Berkel seine interessante Geschichte. Seine Großeltern stellt er darin in den Mittelpunkt und zeigt damit, wie zwei Liebende unter den Widrigkeiten ihrer Epoche zu kämpfen haben. Ihr Leben wurde wie das von so vielen Menschen zum Spielball der Zeit.


Die Handlungsorte sind weitreichend und führen von Berlin über Stationen in Madrid, Paris, einem Lager in den französischen Pyrenäen, Argentinien bis in die russische Kriegsgefangenschaft Ottos. Das macht deutlich, wie sehr das Leben der Personen dem Einfluss der Judenverfolgung und des Kriegsgeschehens unterworfen war. Flucht, Verfolgung und Gefangenschaft spielte in diesen Leben eine große Rolle.

In diesem Familienepos werden die Figuren genau gezeichnet, sie wirken vor allem durch ihre Sprache authentisch und berühren mit ihren Gefühlen, Ängsten und Sehnsüchten, die im Kriegsgeschehen und auch danach von so vielen äußeren Einflüssen beeinflusst wurden. Es gibt einige Familienangehörige, die mit ihrer Besonderheit auffallen und im Roman auch für unterhaltsame Szenen sorgen. Berkels Großvater war homosexuell und lebte in einer Nudistenkolonie, die Großmutter agierte als Anarchistin in Spanien und die Großtante arbeitete in der Pariser Modeszene mit den Größen ihrer Zeit.


Mich haben die Schicksale von Otto und Sala tief berührt und die geschilderten Kriegsszenen mit Hunger, Gewalt und menschlicher Grausamkeit haben mich mit großer Betroffenheit erfüllt. So etwas darf sich nicht wiederholen und deshalb finde ich Bücher mit dieser Thematik so unglaublich wichtig.


Dieser Roman hat mich berührt und bis zum Ende gefesselt. Hier wird nichts schön geredet, sondern offen gezeigt, wie sich Menschen einer Familie auf verschiedene politische Seiten gestellt haben.


Etwas problematisch sehe ich die häufig wechselnde Zeit- und Ortsperspektive, wenn man das Buch allerdings in einem Rutsch durchliest, verknüpfen sich die Handlungsstränge zu einem kompletten und verständlichen Bild.



Dieser autobiografisch angehauchte Roman zeigt eine bewegend erzählte, schicksalsträchtige Familiengeschichte, die bis zum Ende fesselt. Sie erklärt nachkommenden Generationen diese Zeit und macht den Unsinn von Kriegen an Beispielen fest. Ein Mahnmal gegen den Krieg.