Zwischen Orient und Okzident

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holzfrieden Avatar

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Ich habe dieses Buch an einem Wochenende geradezu verschlungen. Elif Shafak hat mich mit ihrem Roman entführt in das Istanbul des 16. Jahrhunderts, sie hat mich verzaubert und mich in die Atmosphäre, die sie konstruiert, eintauchen lassen. Es ist ihr hervorragend gelungen, die reale Figur des Hofarchitekten Sinan mit fantastischen Elementen zu verquicken. Dieses Wechselspiel durchzieht den ganzen Roman. Die Hauptfigur des Jahan (aus der Heimat geflüchtet, als Pfleger des weißen Elefanten Chota im Palast des Sultans lebend, als Schüler Sinans Moscheen und Brücken bauend) entwickelt sich ständig weiter und wächst dem Leser, wie eigentlich fast alle Figuren, ans Herz. Jahan begegnet Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Herkunft, er erfährt am eigenen Leib, dass Vorurteile und Ängste sich in der Realität nicht bewahrheiten, als er immer wieder von Balaban, dem König der Roma, aus aussichtslos scheinenden Situationen gerettet wird. Besonders berührend ist das Verhältnis zu Chota erzählt, der die einzige Konstante in Jahans Leben darstellt und ihm ein immer treuer Begleiter und Freund ist.
Das Buch ist in Lebensabschnitte Jahans unterteilt und bietet dadurch eine gute Orientierung durch sein Leben. Den Roten Faden bildet die Architektur Istanbuls, über die man so ganz nebenbei eine Menge erfährt. Sollte man demnächst in diese Stadt reisen, wird man sie mit anderen Augen sehen. Die Erlebnisse Jahans spiegeln die Realität des damaligen Lebens wider und faszinieren mit all ihren Facetten: Liebe, Intrigen, Abenteuer, Alltag, Armut, Dekadenz...

Elif Shafak schreibt in ihren Anmerkungen: " 'Möge die Welt wie Wasser fließen', pflegte Sinan zu sagen. Ich kann nur hoffen, dass auch diese Geschichte wie Wasser in die Herzen ihrer Leser fließt." Besser kann man dieses Buch nicht beschreiben.