Eine Ermittlerin mit dem inneren Blick in die Zukunft

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allegra Avatar

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Rezension zum Hörbuch:

„Der Augenjäger“ ist die Fortsetzung von „Der Augensammler“ und obwohl es für mich das erste Augen-Buch von Fitzek war, habe ich sofort in die Geschichte herein gefunden. Selbstverständlich habe ich durch die Lektüre von Rezensionen in etwa gewusst, worum es in „Der Augensammler“ geht und hatte sehr schnell den Überblick über die Hauptfiguren gewonnen.

Simon Jäger drückt als Sprecher diesem Hörbuch einmal mehr seinen unverwechselbaren Stempel auf. Er schafft es, die verschiedenen Personen durchgehend mit verschiedenen Stimmen und teilweise leichter Dialektfärbung zu lesen, so dass man zwischendurch vergisst, dass es nur eine Person ist, die liest. Die einzelnen CDs werden mit passender, geheimnisvoller Musik eingeleitet und abgeschlossen, was ich als sehr stimmig empfunden habe.

Zu Beginn der einzelnen Kapitel, die sich im Hörbuch praktischerweise mit den tracks decken, wird angekündigt aus welcher Perspektive - aus Alex Zorbachs oder aus Alina Gregorievs - das Kapitel erzählt wird. Das erleichtert die Orientierung sehr, wenn man mal zurückgehen muss.
Die Erzählstränge von Zorbach sind in der Ich-Perspektive verfasst, was eine besondere Nähe zu ihm verschafft, während die Handlungen mit Alina in der 3. Person geschrieben sind, was den Leser (oder Hörer) in die Position eines Beobachters stellt. Das ist meiner Meinung nach eine sehr gute Lösung und trägt dem Umstand Rechnung, dass Alina blind ist und eine Schilderung aus ihrer Sicht ja nicht möglich wäre.

In diesem Buch lernen wir einen neuen Täter kennen, Dr. Suker, der für mich die Inkarnation eines Albtraums darstellt. Er ist intelligent, gerissen, perfektionistisch und als Augenchirurg ein Meister seines Fachs. Dieser Zwiespalt  -  einerseits bewundert man seine Expertise auf seinem Fachgebiet und andererseits ist man abgestoßen durch sein grausames, psychopathisches Handeln – macht ihn zu einer sehr interessanten Figur.  

Auch die Figur der Alina gefällt mir recht gut. Sie ist auf jeden Fall eine sympathische Protagonistin mit der man mitfiebert und natürlich auch mitleidet. Nicht zuletzt, weil sie blind und dadurch doppelt hilflos ist.

Ich konnte meinen mp3-Player kaum mehr auf die Seite legen und hatte dieses Hörbuch in zwei Tagen fertig gehört. Üblicherweise zieht sich das bei mir auch bei einem so kurzen Hörbuch etwa eine Woche hin. Von der Spannung her und vom Handlungsaufbau hat mir dieser Thriller auf jeden Fall sehr gut gefallen. Den Aufbau der Handlung empfand ich sehr klar und stimmig. Die unerwarteten Wendungen, die sich an Tragik jeweils noch toppen, selbst wenn man das Gefühl hat, es geht nicht mehr schlimmer, haben mir echtes „Thrillerfeeling“ beschert.

Einige Punkte fand ich aber dann doch nicht so gelungen. So trägt für mich die spontane Selbstheilung des Alex Zorbach innerhalb weniger Stunden nicht gerade positiv zur Glaubwürdigkeit bei. Das war mir unnötig viel Dramatik, die den Plot nicht wirklich voran gebracht hat. Durch seine fast übermenschliche Zähigkeit, kann er mir nicht wirklich als Identifikationsfigur dienen.

Leider kann ich so gar nichts anfangen mit dem Trend, den ich in letzter Zeit immer häufiger beobachte, dass „Mystery“ auf Realität trifft. Den Visionen von Alina kann ich so gar nichts Positives abgewinnen. Wenn etwas nicht weitergeht, dann hat sie eine Vision. Das ist mir zu einfach gestrickt. Ein Thriller ist für mich an naturwissenschaftliche Realitäten gebunden; die Geschichte müsste sich so abgespielt haben können.


Von mir bekommt dieses Buch 4 Sterne und eine Lese- und Lauschempfehlung.