Kein Wort zu viel und keines zu wenig

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lorydu Avatar

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"Ich mache es wie Hubert. Ich schmeiße alles in einen Topf: Menschen, Jahreszeiten, Ereignisse, rühre einmal um und alles ist gut: Alle leben und nie ist jemand gestorben. Keiner fehlt."

Die Antwort auf die Frage, wie man einem dementen Menschen begegnet, ist keine leichte. Linda, die 15-jährige Protagonistin des Romans, die sich 3 mal wöchentlich um den 86 Jahre alten dementkranken Hubert kümmert, hat ihre ganz eigene Antwort auf diese Frage gefunden. Das, was Huberts mit der Situation überforderte Tochter nicht hat, beweist Linda einmal mehr: ein Feingespür für das, was Hubert in seinen wirren Momenten braucht. Linda springt auf Huberts Welle auf, anstatt gegen ihn zu arbeiten und ihn zurück an Land ziehen zu wollen. Ihre Intuition ist bewundernswert, bloß fehlt den Menschen in ihrem Umfeld das Gespür dafür, was Linda tief in ihrem Inneren bewegt: der Wunsch nach ihrem eigenen Tod.

Was die Erzählung so besonders macht, ist die Art und Weise, wie die Autorin Petra Pellini dem ernsten Thema Demenz einen Spritzer Humor verleiht, ohne dabei über ihre Ernsthaftigkeit hinwegzutäuschen. Für mich zeigt dies vielmehr, dass beides neben- und miteinander existieren darf und vielleicht sogar auch muss. Die Erzählung besticht durch klare und einfach gehaltene Sätze, die ohne viel Schnickschnack auskommen und trotzdem tief blicken lassen. Der Mix an Figuren überzeugt auf ganzer Linie und beweist, dass die "gleichzeitig Lebenden [...] füreinander von geheimnisvoller Bedeutung" sind.

Allein über die Tiefe des Covers ließe sich eine eigene Rezension schreiben. Das Cover öffnet bereits den Blick für vieles, was diese Erzählung beinhaltet: Es geht ums Abtauchen, um das, was sich unter und das, was sich auf der Oberfläche bewegt. Was können wir sehen, was vielleicht nur fühlen, was können wir beeinflussen und was nicht verhindern?