Wunderschön und bewegend

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monika85 Avatar

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In ihrem Roman "Der Bademeister ohne Himmel" erzählt die österreichische Autorin Petra Pellini die Geschichte der 15-jährigen Linda, die nicht glücklich ist und daran denkt, vor ein Auto zu laufen. Es gibt nur zwei Menschen, die sie davon abhalten: ihr Freund Kevin, den sie seit 6 Jahren kennt und der zunehmend an der Menschheit verzweifelt, und der 86-jährige Hubert, der im gleichen Haus wohnt wie sie. Hubert war 42 Jahre lang Bademeister im Strandbad, nun ist er demenzkrank. Seine Frau Rosalie ist vor 7 Jahren verstorben. Er wird von der Polin Ewa betreut, einer 24-Stunden-Pflegekraft. An drei Nachmittagen pro Woche kümmert sich Linda um den alten Herrn, damit Ewa etwas Zeit für sich hat.

Wir erleben Linda, Hubert und Ewa über einen relativ kurzen Zeitraum, während dessen Hubert immer mehr in seiner eigenen Welt versinkt. Linda weiß intuitiv, wie sie mit ihm umzugehen hat, ohne ihn noch mehr zu verwirren. Sie geht beruhigend und verständnisvoll auf ihn ein, versucht, seine Erinnerungen, die ihm zunehmend entgleiten, wieder einzufangen. Wenn er fragt, wo seine Frau ist, sagt sie ihm nicht, dass Rosalie bereits seit langem tot ist, sondern erklärt ihre Abwesenheit mit einem Einkauf. Linda fühlt sich sehr wohl bei Hubert und der herzlichen und zupackenden Ewa, viel wohler als bei ihrer Mutter, von der sie sich wegen der Schule ständig gestresst fühlt und die nach der Scheidung von Lindas Vater mal wieder einen neuen Freund hat.  

Das Buch ist in schöner Sprache aus Sicht der jugendlichen Ich-Erzählerin Linda geschrieben. Es liest sich flüssig, die Figuren sind sehr liebevoll und vollkommen authentisch beschrieben. Die Autorin, die selbst lange in der Pflege demenzkranker Menschen tätig war, schildert Huberts Krankheitsverlauf mit viel Empathie und einer großen Portion Humor, dabei vollkommen realistisch, ohne Übertreibungen und ohne Rührseligkeiten.

Ich habe die Geschichte sehr gern gelesen, sie hat mich begeistert, zutiefst berührt und sehr nachdenklich gemacht. Es geht in dem Buch zwar in erster Linie um das wichtige Thema Demenz und den Umgang damit, es wird aber auch sehr anschaulich verdeutlicht, in welcher Situation sich die ausländischen Pflegekräfte befinden, die fern der Heimat nahezu rund um die Uhr tätig sind und welchen Problemen und Belastungen sie ausgesetzt sind. Auch die Überforderung der Angehörigen ist sehr eindrücklich am Beispiel von Huberts Tochter beschrieben. 

Absolute Leseempfehlung für dieses wunderbare Buch, das bereits jetzt zu meinen diesjährigen Lesehighlights gehört und mich noch lange beschäftigen wird!