Zerstörung des Paradieses

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madame_f Avatar

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Zuallererst hat mich das Cover von "Der Duft des Wals" von Paul Ruban fasziniert – und dann hat mich direkt die satirische Idee angesprochen: Was als idyllischer Strandurlaub beginnt, entpuppt sich in ein absolutes Chaos – ganz wie unsere überzogenen Erwartungen an den perfekten Urlaub. Ein verrückter, schräger Trip, der den Alltag so schön überspitzt darstellt.
Besonders witzig fand ich die Art und Weise, wie Ruban das Kontrastprogramm zwischen Traumstrand und Seifenoper inszeniert. Fern ab vom Alltag werden hier alle Konflikte kultiviert. Es ist fast so, als ob die Figuren im Buch direkt aus einer White Lotus-Folge entsprungen wären – nur eben alle ein bisschen zu gestört und ohne die nötige Tiefe. Zwar werden viele gesellschaftliche Absurditäten und Klischees satirisch beleuchtet, aber irgendwie fehlte mir da oft der Substanzschub. Die inneren Konflikte der Charaktere bleiben undeutlich, und die metaphorische Sprache – besonders seine Beschreibungen vom "Gestank des Wals" – wirkt zu unscharf.
Ein weiterer Aspekt, der mir beim Lesen beschäftigt hat, war die Dekadenz der privilegierten Urlauber, die in „exotischen“ Ländern zur Erholung verweilen, während die Einheimischen den Müll unseres Wohlstandswahnsinns wegräumen müssen. Hier schwingt eine bissige Kritik am modernen Kolonialismus mit, denn während sich die einen in ihrem selbstgewählten Paradies aalen, zahlen andere den Preis dieser dekadenten Exzesse. Diese absurde, fast schon groteske Gegenüberstellung schafft es, den bitteren Beigeschmack moderner Ungerechtigkeit aufzudecken – eine feine Mischung aus Zynismus und schwarzem Humor, die mich zum Nachdenken anregt.
Die Idee, dass aus vermeintlicher Erholung ein heilloses Durcheinander wird, hat definitiv ihren Reiz. Die Absurdität des Ganzen ist nicht zu überbieten! Jedoch ist es schade, dass das Potenzial des Themas nicht vollständig ausgeschöpft wird – letztlich fühlt sich alles an wie eine unfokussierte Seifenoper, die zwar unterhält, aber auch etwas befriedigungslos endet.
Insgesamt vergebe ich "Der Duft des Wals" 3 von 5 Sternen – ein humorvoll-satirischer Roman, der mit einer kuriosen Prämisse startet, aber leider in der Tiefe der Charaktere und der Metaphorik mich nicht ganz zu überzeugen vermag.