Gut abgeschmeckt

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alphafrau Avatar

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In dem Roman "Der Duft von Pinienkernen" beschäftigt sich Emily Bold mit dem Rezept für eine große Freundschaft. Was macht die Beziehung zwischen besten Freundinnen aus? Und wieviel kann eine Freundschaft aushalten? Die junge Halbitalienerin Greta ist sich dessen selbst nicht mehr so sicher, seitdem ihre beste Freundin Katrin ihr die Freundschaft gekündigt hat. Greta flüchtet daraufhin von München nach Italien. Auf einer kulinarischen Reise von Venedig bis nach Apulien beginnt sie zu verstehen, wie gutes Essen gebrochene Herzen heilen kann.

Das Cover ist wunderschön. Es zeigt eine typische italienische Landschaft, die in jedem Betrachter eine unbestimmte Sehnsucht nach Italien wachruft. Auch der Titel des Romans ist eingängig; er kehrt sogar an einer späteren Stelle im Buch wieder.

Der Plot des Romans ist mir aus vielen Büchern bekannt; auch beim Setting ist die Autorin keinerlei Risiko eingegangen. Mit dem beliebten Urlaubsland Italien kann man nichts falsch machen.

Emily Bold schreibt sehr flüssig und ihr Roman lässt sich mühelos lesen. Sie schafft es, ihre Leser auf eine kulinarische Reise nach Italien mitzunehmen und das traumhafte Ambiente anschaulich zu schildern. Leider läuft die Handlung für mich etwas zu glatt und harmonisch ab; ihre Heldin Greta stößt niemals an ihre Grenzen und muss sich mit ernsthaften Problemen auseinandersetzen. Alle fremden Menschen nehmen sie mit offenen Armen auf und unterstützen sie bei der Verwirklichung ihres neuen Projektes, nachdem sie alle Brücken in ihrer alten Heimat abgebrochen hat.

Die einzelnen Stationen ihrer kulinarischen Reise verlaufen stets nach dem gleichen stereotypischen Schema ab. Sie trifft in einem unbekannten Ort ein, lernt freundliche Menschen kennen, die sie in ihren Kreis aufnehmen und ihr köstliche Rezepte verraten, sie findet die optimale Location für die Fotos, sie sieht stets blendend aus und wird perfekt von dem versierten Fotografen Chris in Szene gesetzt. Einem riesigen Erfolg steht also nichts im Wege.

Für meinen persönlichen Geschmack ist Greta eine nicht allzu sympathische Protagonistin; sie agiert häufig wie ein pubertierender Teenager und nimmt wenig Rücksicht auf ihr jeweiliges Gegenüber. Auch ihre beste Freundin Katrin bleibt ziemlich blass; wir erfahren viel zu wenig darüber, wie sie mit der belastenden Situation umgegangen ist, die ihr bisheriges Leben auf den Prüfstand gestellt und alles für die besten Freundinnen verändert hat. Die "zufällige" Erbschaft, die zu einem Wiedersehen und einer Aussöhnung von Greta und Katrin führt, wirkt sehr konstruiert. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihrer Freundschaft kann ich nicht erkennen; das Thema wird viel zu kurz abgehandelt.

Trotz der aufgeführten Kritikpunkte hat mir der Roman gut gefallen, und ich vergebe gern 4 Sterne für eine unterhaltsame Lektüre, die mir unbeschwerte Stunden beschert hat.