Tod und Verderben in der Kulturwelt

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Hella Karl ist Feuilletonchefin einer großen Berliner Tageszeitung. Und als solche schreibt sie gern und nicht immer freundlich über Menschen, die im weitesten Sinne etwas mit der Kulturwelt zu tun haben. Zum Beispiel über einen Theaterregisseur, der angeblich eine Schauspielerin zur Abtreibung gedrängt haben soll, und da Hella die erste war, die darüber berichtet hatte, ist ihr Name mit dem darauffolgenden Skandal verbunden. Und nun ist dieser Kai Hochwerth tot, Selbstmord vor der Kulisse der Oper in Sydney, wohin er seine Frau, eine berühmte Opernsängerin, begleitet hatte. Schnell steht der Vorwurf im Raum, dass Hella ihn mit ihrem Artikel in den Selbstmord getrieben haben könnte. Doch ist das wirklich so? Und wie weit geht die persönliche Verantwortung für diejenigen, über die wir schreiben? Antje Rávik Strubel nähert sich den Fragen nach Moral, Machtmissbrauch und Medienhype mit einer gewissen parodistischen Überspitzung, denn ihre Protagonistin wirkt manchmal so, als sei sie das wandelnde Klischee einer Boulevardjounalistin. Der Feuilletonchefin einer angesehen Tageszeitung hätte ich zumindest etwas mehr Interesse an der Kultur unterstellt, Hella dagegen ist eher an Ränkespielen zur Erhaltung der eigenen Bedeutung gelegen. Und ihr jüngerer Partner wirkt wie die männliche Version der jüngeren Freundin älterer Herren, die vornehmlich Dekorationszwecken dient. Dass da die Beziehung etwas fragil wirkt, dürfte niemanden wirklich überraschen. Der Roman liest sich sehr unterhaltsam und spricht wichtige Themen an, wirkt aber manchmal so, als könne er sich nicht richtig zwischen Satire und ernsthafter Auseinandersetzung entscheiden. Das muss nicht stören, ich zumindest habe ihn gern gelesen, aber möglicherweise hätte ein wenig mehr Tiefe und dafür der Verzicht auf ein paar Klischees nicht geschadet. Das Ende wiederum ist grandios, und ein Fasan hat da auch seine Federn im Spiel.