Ein Leben im Zeitraffer

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Die Covergestaltung passt sehr gut zu der Zeit, in der die Protagonistin Anita Berber lebte. Die wilden 20er Jahre. Daher war mein Interesse an ihrer Lebensgeschichte, von der ich bis dahin nur recht wenig wusste, direkt geweckt.

Im Roman gibt es dann einen Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen. Im Sommer 1928 liegt die einst gefeierte Anita Berber mit Ende 20 schwer an Tuberkulose erkrankt in einem christlichen Berliner Krankenhaus, wo die Schwestern sie für ihren exzessiven Lebenswandel verurteilen. Sie erinnert sich an ihr bisheriges Leben, ihre Erfolge als (oft leicht bekleidete) Tänzerin, ihre Partner:innen auf und abseits der Bühne, Wegbegleiter, wie Otto Dix, ihre distanzierte Mutter, ihre sie liebende Großmutter, den sie ablehnenden Vater und auch so manch andere Demütigung und Rückschläge.

So erfährt man einiges über das Leben in den 20er Jahren allgemein und insbesondere über das als Tänzerin im Nachtleben der damaligen Zeit und Anita Berbers Lebensumstände mit Drogen, Affären mit Männern wie auch Frauen und der dennoch vorhandenen Einsamkeit. Das alles wirkt sorgfältig recherchiert und authentisch. Leider blieb aber trotzdem eine recht große Distanz zur Hauptperson, so richtig in sie und ihre Handlungen hineinversetzen und Mitgefühl mit ihr entwickeln konnte ich nicht. Manche Passagen fielen für meinen Geschmack auch etwas zu lang aus, ohne, dass sie dadurch wesentliche neue Erkenntnisse brachten. Ich habe das Hörbuch, eingelesen vom Autor selbst, gehört. Diesem konnte man gut folgen, die Vortragsweise trug aber auch nicht dazu bei, die verbliebene Distanz zu Anita Berber weiter zu reduzieren.