Zwischen Kunst und Skandal

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Steffen Schroeders „Der ewige Tanz“ beleuchtet das Leben der Tänzerin Anita Berber, die in den 1920er Jahren als eine der auffälligsten Figuren der deutschen Kunstszene galt. In einem Berliner Krankenhaus im Jahr 1928, gezeichnet von Krankheit und der Last ihres exzessiven Lebens, blickt Berber auf ihre Jugend, ihre Beziehung zu ihrer Mutter, die Einsamkeit, die sie als Künstlerin begleitete, und ihre größten Erfolge zurück. Durch diese Rückblicke entwirft Schroeder das Porträt einer Frau, die den Tanz zur Kunst erhob und dabei immer wieder zwischen Bewunderung und Skandal hin- und herschwankte.

Der Roman liefert interessante Einblicke in Berbers Leben und die Atmosphäre der Weimarer Republik. Es wird nicht nur das Streben nach Selbstbestimmung und Anerkennung thematisiert, sondern auch die schwierige Balance zwischen Kunst, Ruhm und den persönlichen, oft destruktiven Exzessen, die Berber begleiteten. Die zahlreichen Begegnungen mit prominenten Persönlichkeiten der Zeit – darunter Otto Dix und Marlene Dietrich – verleihen der Erzählung einen historischen Kontext und unterstreichen Berbers Bedeutung als Künstlerfigur.

Allerdings bleibt die Erzählung in ihrer Tiefe und Komplexität etwas auf der Strecke. Der Roman konzentriert sich mehr auf die Fakten und Ereignisse des Lebens von Anita Berber und weniger auf eine tiefere Auseinandersetzung mit ihren inneren Konflikten und der Tragik ihrer Existenz. Der Leser erhält viele historische und biografische Details, doch eine emotionale Nähe zu Berber bleibt oftmals aus.

Schroeders Schreibstil ist präzise und lässt sich gut lesen, doch die Erzählweise wirkt gelegentlich etwas distanziert und geht nicht in die Tiefe, die eine so komplexe Persönlichkeit wie Anita Berber eigentlich verdient hätte. Die Ereignisse und Reflexionen über ihr Leben sind gut recherchiert, aber die Erzählung könnte sich an manchen Stellen mehr auf die Atmosphäre und die Entwicklung der Hauptfigur konzentrieren.

„Der ewige Tanz“ bietet dennoch einen spannenden Überblick über das Leben einer faszinierenden Persönlichkeit und ist für Leser, die an der Weimarer Republik und an der Kunstszene jener Zeit interessiert sind, durchaus empfehlenswert. Wer sich jedoch eine intensivere, emotionalere Auseinandersetzung mit Anita Berber und ihrer Kunst erhofft, könnte das Buch als etwas zu oberflächlich empfinden.