Fiktion und Fakten

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dicketilla Avatar

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Es ist Anfang November 1924 im belgisch-französischem Orient-Express.
Zwei Reisende, sich nicht begegnend, und ein junger Mann am Rande der Bahngleise, drei Schicksale in einer Zeit, in der sich die politischen Verhältnisse ändern, jeder Teil des Rädchens wird.

Da ist das 13 jährige Laura, singend auf dem Treppchen des Zuges sitzt, Zigarette rauchend, mit dem Wunsch eine bekannte Sängerin, besser als die Mutter, zu werden, hoffnungsvollen Blickes auf die Welt um sich herum. Ein kurzer Blick zur Laderampe, an der ein junger Mann lächelnd die Hand zum Gruß hebt, die Reise weiter geht, es die einzige Begegnung bleiben wird.
Der junge Mann, gerade seine Matura abgelegt, demnächst Maschinenbau studiert. Sein Vater meint darin liegt die Zukunft, Maschinen die überall Einzug halten, und nicht weiter als jüdischer Getreidehändler die Familientradition zu führen.
Im Zug beobachtet der Kunstmaler Emile Gilliéron, das für ihn unvernünftige Mädel auf dem Treppchen und sein Blick streift zu einem Burschen an den Gleisen. Er will einen Abstecher an den Genfersee machen, um dort die Asche auf Wunsch seines verstorbenen Vaters in Villeneuve zu bestatten. Der Vater, der Schliemann als Zeichner begleitete, Zeichenlehrer der königlich griechischen Familie war, aber dennoch nur Schulden hinterließ. Die Asche, an einen Ort in dem der Vater einst lebte, mit diesem Sumpf, in dem im Jahr 1348 von der Bürgerschaft 127 Juden massakriert und in ihn geworfen worden waren. Er hatte immer versucht die Bewohner zu lieben, und den Sumpf zu hassen.

Später muss Laura das Konservatorium abbrechen, da ihre Stimme nicht zur großen Sängerin bestimmt war. Übernimmt die Musikalienhandlung der Eltern, wobei sie großes Geschick beweist, singt abends im “Chat Noir” in Marseille Kosakenlieder. Heiratet bekommt Kinder, ist aber nicht bereit ihre Freiheit zu opfern. Harte Männer brachen in Tränen aus, wenn sie “Bajuschki Baju” sang.
Felix Block kommt zu der Erkenntnis, das Studium des Maschinenbaus zu beenden, etwas Schönes, Nutzloses, Zweckloses sollte sein nächstes Ziel sein, so entschied er sich für Atomphysik.
Sein Weg wird ihn an zahlreiche Universitäten bringen, bis er Robert Oppenheimer kennen lernt, und sie werden unterschiedlich über ein Projekt denken.
Emile der einst mit seinem Vater gemeinsam für den Engländer Evans ,an der Ausgrabungsstätte des Palastes von Knossos , arbeitet. Nach deren Tod, aber mehr nach den Vorstellungen seines Auftraggebers arbeitete. Wodurch heute nach dem Verfall des Bauwerkes Wissenschaftler zwischen den neolitischen Fragmenten und Gilliérons Werk entscheiden müssen.

Capus ersinnt eine Geschichte, die sich wie Gedanken aus seinem Kopf windet. Eine Geschichte die sich hätte so zutragen können, gebündelt mit vielen Ereignissen aus dieser Zeit.
Verbunden mit drei Menschen, denen er dieses Buch widmet, Fälscher Emile Gilliéron, Spionin Laura d’Oriano sowie dem Bombenbauer Felix Bloch. Eine gute Recherche, die dem Schreiben voran ging,
lasst die Sorgfalt erkennen, mit der uns der Autor versteht zu unterhalten.

Wer “Léon und Louise“ von Capus gelesen hat, wird hier ein anderes Buch vorfinden, aber mit dem Wissen eines biografischer Romans, der aus Fiktion und Fakten besteht, in dem sich gereiht wie auf einer Perlenschnur, die Entwicklung der Protagonisten fügt, gut unterhalten werden.