Sie hätten sich treffen können

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
girasole Avatar

Von

Da ich den Autor bereits auf einer Lesung erleben durfte und auch zwei seiner Romane gelesen hatte, war diese Neuerscheinung ein MUSS für mich. Bereits nach dem Lesen des Klappentextes war klar erkennbar, daß dieses Buch wieder ganz anders sein wird.

Es beginnt damit, daß Anfang November 1924 am Züricher Hauptbahnhof sich folgende Personen hätten treffen können. Zum einen ein 13-jähriges Mädchen, das mit ihren Eltern aus Konstantinopel kommt und auf dem Weg nach Marseille ist. Ihre Eltern wollen sich nach einem bewegten Leben zur Ruhe setzen und eine Musikalienhandlung übernehmen. Felix, ein junger Bursche sitzt am Bahnhof und denkt über seine Zukunft nach. Er ist klug, gut aussehend, Jude und Sohn eines Getreidehändlers. Sein Vater will nur das Beste für ihn und rät ihm wegen der guten Zukunftsaussichten, Maschinenbau zu studieren. Das ist zwar nicht sein Wille, aber um den Vater nicht zu grämen, wird er diesem Wunsch nachgeben. Und in einem Zugabteil der ersten Klasse sitzt der Kunstmaler Emile Gilléron. Er kommt gerade aus Griechenland und will die Asche seines Vaters in dessen alter Heimat am Genfer See bestatten. Sein Vater war ebenfalls Maler und kam einst mit Heinrich Schliemann nach Griechenland, um als wissenschaftlicher Zeichner für ihn zu arbeiten.

Nach dieser Einführung beleuchtet der Autor jede einzelne Persönlichkeit für sich, was waren die Träume, Sehnsüchte, Zukunftsvorstellungen und was wurde daraus. Wie konnte es passieren, daß aus der Sängerin Laura d’Oriano eine Spionin wurde, aus dem Studenten Felix Bloch ein Bombenbauer und aus dem Kunstmaler Emile Gilliéron ein Fälscher. Sehr akribisch hat der Autor recherchiert, um so detailliert die Figuren vorstellen zu können. Eigentlich haben die Personen überhaupt nichts miteinander zu tun, sie hätten sich nur begegnet sein können.

Im Gegensatz zu Léon und Louise liest sich dieser Roman nicht so zügig. Als Leser musste ich mich durch manche Passagen auch durchbeißen, wenn es z. B. um physikalische Details bei Felix Bloch oder auch um griechische Ausgrabungen bei Emile ging. Die Ausführungen zu Laura waren flüssiger und für mich mit mehr Gefühl geschrieben. Schlußendlich aber wie immer ein wundervoller Schreibstil. Das Cover finde ich auch ausgesprochen gut gelungen und passend!