Neuauflage eines Klassikers

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Gerade bin ich dabei, den ersten Teil der Horowitz'schen Neuinterpretation der Sherlock-Holmes-Stoffe zu lesen und da ist es doch fast ein Zeichen, just in diesem Moment die Leseprobe zu seinem neusten Werk zu entdecken.

Diese Leseprobe befördert uns in ein kleines Dorf in der Schweiz, wo eine Leiche aus dem Wasser gefischt worden ist. Eventuell ist es die Leiche Moriatys, aber sicher identifiziert worden ist er augenscheinlich noch nicht. Weil diese Leiche im Zusammenhang mit einem Fall der Argentur Pinkerton steht, hat sich Detective Chase nach einer ungemütlichen Überfahrt aus New York in dem Polizeirevier eingefunden, in dem die Leiche liegt. Dort trifft er auf Inspector Jones von Scotland Yard, der ebenfalls angereist ist, um die ominöse Leiche zu untersuchen.
In einem Nebensatz ganz am Anfang erfahren wir beiläufig, dass Sherlok Holmes tot sein soll und nicht einmal eine christliche Beerdigung erhalten wird. Da schrillen doch gleich die Alarmglocken! Und als Jones dann mit der bekannten Holmes-Marnier beginnt, das Leben von Chase detailiert zu beschreiben - keine Frau, eine Wohnung in einem alten Gebäude, Nichtraucher, Arbeitgeber, und so weiter - und nur anhand von Beobachtungen der Person die richtigen Schlüsse zieht, weiß man, dass zumindest dieses deduktive Ermittlungsverfahren, das Holmes so prägte, nicht aus der Welt ist.
Die Leiche jedenfalls liefert nicht die gewünschten Erkenntnisse. Lediglich ein Brief ist im Innenfutter der Jacke eingenäht, der allerdings sowohl für Jones als auch für Chase einen unerwarteten Inhalt aufweist. Wenige Zeilen in ungelenker Schrift beschreiben Sherlock Holmes Gewohnheiten und seine Verbissenheit und Energie, die er hatte, wenn er in einem Kriminalfall ermittelte.

Der Schreibstil ist schwungvoll und geprägt von ausgewähltem Vokabular - eine Tatsache, die mich aktuell auch vom Vorgänger-Band sehr überzeugt. Die Kapitelauswahl ist clever getroffen: man ist gleich mitten in der Handlung und muss sich viele Fragen stellen, die aber an keiner Stelle beantwortet werden. Hat sich hier ein neues Dreamteam zusammengefunden und lösen Jones und Chase die bekannte Komi aus Holmes und Watson ab? Ist Scherlock wirklich tot? Und vor allem: ist Motiaty wirklich tot? Und wenn nicht - wessen Leiche liegt dann im schweizerischen Polizeirevier? Fragen über Fragen, auf deren Beantwortung ich schon mehr als gespannt bin.