Preußen vs. Bayern

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Wilhelm Freiherr von Gryszynski, ein adeliger preußischer Offizier, lebt und arbeitet im München des späten 19. Jahrhunderts. Eigentlich fühlt er sich ziemlich wohl dort, was zu einem nicht unbeträchtlichen Teil am bayerischen Essen liegt, aber ihm fehlt etwas Entscheidendes, damit er vollends bei der Königlich Bayerischen Polizei, seiner neuen Dienststelle ankommt: Ein Fall, an dem er sein Können beweisen kann. Der lässt nicht länger auf sich warten und Gryszynski wird mit einem sonderbaren Mordfall konfrontiert: Die Leiche eines Bierbeschauers wird mit einem weggeschossenem Gesicht und umhüllt in einen filigranen Federmantel aufgefunden. Die erste Spur führt zu dem ebenfalls aus Preußen stammenden Eduard Lemke, der aus dem Nichts kommend, es zu einem gewaltigen Vermögen gebracht und sich nun in München niedergelassen hat.
Gryszynski erkennt aber ziemlich schnell, dass der Fall nicht so leicht zu lösen ist, wie gedacht, zumal er sich unversehenst einem Dilemma gegenüber gestellt ist und ihm klar wird, dass er sich entscheiden muss, ob er ein Bayer wird oder doch lieber ein Preuße bleibt.

Der Debütroman der Autorin hat mir im Großen und Ganzen sehr gut gefallen, obwohl ich nicht gerne Krimis lese. Dass die Handlung aber in München im späten 19. Jahrhundert spielt, hat das Buch mir sympatisch gemacht und schlussendlich bin ich doch froh, es gelesen zu haben. Wie ich es verstanden habe, sind Folgebände geplant, auf die ich jetzt schon gespannt bin.
Die Figur des Gryszynski ist mir sehr sympatisch. Er ist zwar sehr gut in dem, was er tut, aber dennoch sehr menschlich und macht auch regelmäßig Fehler und übersieht Dinge, sodass ich beim Lesen nicht das Gefühl hatte, einer Sherlock-haften Figur über die Schulter zu schauen, die schon fast übermenschlich ist aufgrund seiner Intelligenz und seiner Gaben.
Gryszynskis Vorliebe fürs Essen und seine Beziehung zu seiner Frau Sophie haben die Handlung aufgelockert, ebenso wie die kleinen Details wie Sophies Liebe zu Büchern oder die Szenen mit Gryszynskis Haushälterin Frau Brunner. Die Autorin hat meiner Meinung nach ein besonderes Talent für die leicht schrägen/humorvollen Passagen, die mir wie kleine Zuckerl im ansonsten "ernsten" Ton des Romans vorkamen.
All dies, kombiniert mit dem flüssigen Schreibstil, der Tatsache, dass das Buch sehr gut recherchiert war bis in die kleinsten Details, und den Beschreibungen einer Stadt, die ich sehr gut kenne, haben dazu geführt, dass es mir sehr viel Spaß gemacht hat, das Buch zu lesen und mitzufiebern, wer jetzt den Mord begangen hat, auch, wenn mir schon nach ca. der Hälfte des Buches klar wurde, wer es gewesen war.
Einzig das Ende hat mir nicht sehr gefallen, weil es teilweise wie aus einem Hollywood-Actionfilm wirkte und nicht sehr zufriedenstellend war. Aber dennoch ein sehr empfehlenswertes Buch für alle, die Krimis und/oder historische Romane mögen.