Spannender Historienkrimi mit viel Lokalkolorit

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Zunächst einmal: Ich habe lange kein so gutes Buchcover mehr gesehen! Dem Verlag ist mit der Silhouette eines Ermittlers, durch das man das historische München sehen kann, ein wahrer Glücksgriff gelungen. Im übertragenen Sinne kann man es auch als „durch ein Schlüsselloch schauen“ deuten und das passt hervorragend zum vorliegenden Genre. Denn es ist nicht nur ein Krimi und der Leser verfolgt einen Mord. Nein, wir Leser schauen auch wie durch ein Schlüsselloch in eine vergangene Zeit, denn wir befinden uns im ausgehenden 19. Jahrhundert. Und wir Leser schauen auch wie ein Schlüsselloch in das Privatleben der damaligen Bewohner, erhaschen tiefe Einblicke in ihr Innerstes, in ihre Geheimnisse, in ihr früheres Leben. Sehr faszinierend.
Zudem steht als Hauptfigur der Ermittler Gryszinski im Zentrum, ein Preuße, der mit seiner kleinen Familie nun in München wohnt und arbeitet - für ihn eine völlig neue Welt, die aber auch ihre gute Seiten hat, das leckere Essen zum Beispiel. Toll finde ich auch, dass Gryszinki kein alteingessener Polizeibeamter ist, sondern auf dem Zahn der Zeit wirkt. So ist er Anhänger neuer forensischen Ermittlungsmethoden wie Fingerabdrücke und Spurensicherung. Dies kann die Autorin Uta Seeburg geschickt mit originalen Auszügen aus dem „Handbuch für Untersuchungsrichter, Polizeibeamte, Gendarmen“ von Hans Groß kombinieren, die jedem Kapitel vorangestellt sind und so fast montagehaft wirken. Ein toller Kunstgriff!
An Gryszinski gefällt mir aber nicht nur seine neuartige Polizeiarbeit, sondern auch sein Leben als Ehemann und Familienvater. Natürlich herrscht im ausgehenden 19. Jahrhundert ein anderes Rollenverständnis vor. Und auch durch sein finanzielle Situation kann Gryszinski sich ein Haus- und ein Kindermädchen leisten - zu der damaligen Zeit für seine Stellung auch kein Novum. Und doch ist es Gryszinski, der mitten am Tag aus Sehnsucht zu seiner Familie kurz nach Hause fährt, um seine Frau und seinen Sohn zu sehen. Besonders das dargestellte Verhältnis zu seiner Frau ist herzerwärmend und von großer gegenseitiger Leibe geprägt. Dieses Verhalten ebenso darzustellen, finde ich mehr als gelungen.
Und zuletzt vereint der Roman zwei meiner Vorlieben: Krimi und einen regionalen Schauplatz. Das finde ich super. So wird eben nicht nur Wert auf die Handlung, sondern auch auf den Schauplatz gelegt und das gelingt Uta Seeburg meines Erachtens wirklich gut, ebenso wie die Darstellung der Zeitumstände.

Ich bin wahrlich auf die weiteren Teil der Gryszinski-Reihe gespannt und hoffe, dass Uta Seeburg an ihren Erfolg anknüpfen kann.