Tolles Krimi-Debüt

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Dieser historische Krimi ist der Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe. Zentrale Figur ist der Ermittler und Offizier Wilhelm Freiherr von Gryszinski. Wie leicht aus dem Namen zu erkennen, kein waschechter Bayer, sondern ein Preuße. Als Sonderermittler soll er die königlich bayerische Polizei ein wenig modernisieren. Weg vom Herausprügeln eines Geständnisses, sondern hin zu ZDF (Zahlen, Daten und Fakten) wie er es bei seinem Lehrmeister Hans Groß in Graz gelernt hat.

Der Fall an sich beginnt recht normal: Man findet die Leiche eines stadtbekannten Bierbeschauers am Ufer der Isar. Ungewöhnlich ist allerdings der kostbare Umhang aus Federn, in den die Leiche gehüllt ist und der Abdruck eines einzelnen Fußabdrucks eines Elefanten. Wilhelm Freiherr von Gryszinski kommt auf der Suche nach dem Täter einer Verschwörung biblischen Ausmaßes auf die Spur und steht vor der Entscheidung, seine Ehre als bayerischer Beamter oder als preußischer Offizier aufgeben zu müssen. Wie wird er sich entscheiden?

Meine Meinung:

Autorin Uta Seeberg ist in ihrem Krimi gelungen, das ewige Spannungsfeld Bayern versus Preußen gut darzustellen. Auch dem heute altmodisch anmutenden Begriff von „Ehre“, sei es als Beamter oder sei es als Offizier schenkt sie gebührende Aufmerksamkeit.
Sehr gut ist das München um 1900 beschrieben. Da fährt Gryszinski mit der Pferdetramway zu den Ermittlungen. Er sammelt Informationen und benützt das bei Hans Groß gelernte Wissen, um auf wissenschaftliche Weise seinen Fall zu lösen. Die Autorin hat hier penibel recherchiert und stellt jedem Kapitel ein Zitat aus Hans Groß‘ Lehrbuch der Kriminalistik voran.

Dass Gryszinski dabei dem einen oder anderen gut vernetzten Bürger auf die Zehen tritt, versteht sich von selbst. Das führt dazu, dass sich der Ermittler, der ein Mann der Wissenschaft ist, gleich einmal duellieren muss, obwohl dies eigentlich verboten ist. Dennoch drückt die Obrigkeit hier gerne zwei bis drei Augen zu, wenn es um den Ehrbegriff geht.

Gut gefällt mir, dass wir einen Polizisten vor uns haben, der ein intaktes Familienleben besitzt. Er ist kein vom Leben zerstörter Mensch wie so manch anderer Ermittler. Mit dem Charakter des Wilhelm Freiherr von Gryszinski ist der Autorin ein sympathischer Protagonist gelungen. Doch auch alle anderen für die Geschichte relevanten Figuren wirken auf den Leser authentisch. Sie sind mit viel Liebe ins Detail von Uta Seeburg ausgearbeitet worden.

Durch einige unerwartete Wendungen bleibt der Krimi bis zum Ende spannend.
Gut gelungen ist auch der Epilog, in dem die Autorin den interessierten Leser aufklärt, was Fakt und/oder Fiktion ist. Der Stadtplan von München auf den Vorsatzblättern erleichtert allen jenen, das historische München nicht so gut, auf den Wegen von Wilhelm Freiherr von Gryszinski zu wandeln.

Fazit:

Ein tolles Krimi-Debüt, das sich 4 Sterne und eine Leseempfehlung verdient hat.