Kein eiskalter Thriller!

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Der flüsternde Abgrund von Veronica Lando ist kein eiskalter Thriller!

Callum Haffenden kehrt nach 30 Jahren in die Kleinstadt zurück, in der er aufwuchs. Hier hat er im Regenwald sein Bein verloren. Der wispernde Wind nimmt sich an den Felsen die Kinder. Jetzt hat es einen einheimischen Erwachsenen erwischt. Callum vermutet dahinter ein Verbrechen und wühlt in der Gegenwart und Vergangenheit herum - davon sind nicht alle begeistert. Das aktuelle Ereignis konfrontiert ihn auch mit seiner eigenen Vergangenheit und die Auseinandersetzung damit beginnt.

Der Thriller ist geschickt aufgebaut. Eine Kleinstadt, jeder kennt jeden. Man weiß über alles Bescheid und doch wird nicht darüber gesprochen. Und alle scheinen ihre Geheimnisse zu haben. Callum hat ein vorgefertigtes und einseitiges Bild von einigen Protagonisten. Als Themen wie häusliche Gewalt, Täuschung und Missbrauch sich herausstellen, gibt es einen Perspektivenwechsel. Veronica Lando lässt uns hinter die Fassade schauen. Ein Mensch kann viele Gesichter haben, nicht nur eines.

Der Thriller wird neutral in der Gegenwart erzählt, die Vergangenheit aus der Ich-Perspektive von Callum. Der Schreibstil ist herrlich leicht und flüssig. Veronica Lando hat es geschafft, dass ich den Regenwald förmlich spüren, hören und riechen konnte. Die Pflanzen, die sich in meiner Haut verhakt haben oder die ständig nasse Kleidung durch den Regen. Mittendrin statt nur dabei. Die Rolle des Waldes hätte in dem Thriller gerne noch etwas umfangreicher sein können.
Das ständige Fokussieren auf das amputierte Bein fand ich dagegen etwas ermüdend. Die Geschichte ist teilweise etwas verworren, es gibt viele Andeutungen, Ansätze, die sich wieder verlieren.

Fazit: Der flüsternde Abgrund ist eher ein gesellschaftliches Drama. Der mystische Regenwald und das geheimnisvolle Flüstern machen dieses Buch lesenswert.